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Soja-so nein!?

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Podiumsdiskussion
Soja? – dann so! Wege zu einem nachhaltigen Sojahandel

ANHANG –
3 ergänzende Aufsätze und 3 portugiesische Originalversionen

Kerstin Lanje
Soy yes – but not like this!? Prospects of a „sustainable“ soybean trade between Brazil and Germany. Results of the Loccum conference, Nov. 6th – 8th, 2002 /
Soja – assim não!? Perspectivas para um comércio „sustentável“ de soja o entre Brasil e a Alemanha. Resultados da convenção, 6. – 8. novembro 2002

Enrique Ortega
The Soybean in Brazil: Models of Production, Costs, Profits, Externalities, Sustainability and public Politics /
A Soja no Brasil: Modelos de Produção, Custos, Lucros, Externalidades, Sustentabilidade e Políticas públicas

Luc Vankrunkelsven
Soja na perspectiva das relações internacionais

Celso Ludwig
Agricultura familiar e a produção de soja no Brasil

Antonio Wünsch/ Amilton José Dotto
Perspectivas para os pequenos agricultores no Sul do Brasil

Antônio Inácio Andrioli
Wen interessiert die Gentechnik in der Sojaproduktion?

„Wir wissen nicht wohin, dafür aber sind wir schneller dort“ (Helmut Qualtinger) – Teil 1

For english version please scroll down

Pour la version française, veuillez faire défiler vers le bas

Michael Wimmer

PD Dr. Michael Wimmer ist Gründer und war bis Ende 2017 Geschäftsführer von EDUCULT in Wien. Seit 2018 ist er Direktor des Forschungsinstituts und nimmt seither die Funktion des Vorstandsvorsitzenden wahr. Auf dem internationalen Parkett ist Michael Wimmer als versierter Berater des Europarats, der UNESCO und der Europäischen Kommission in kultur- und bildungspolitischen Fragen aktiv.

 

2017 veröffentlichte der US-amerikanische Altertumsforschers Kyle Harper seine Studie „The Fate of Rome, Climate, Desease and the End of an Empire“. Darin macht er deutlich, welch gravierende Auswirkungen  klimatische Veränderungen oder der Ausbruch von Seuchen für die politische Verfasstheit des römischen Gemeinwesens gehabt haben. Trotz mannigfacher Krisenerscheinungen herrschte in Europa in den letzten Jahren die Stimmung vor, die Natur im Griff zu haben, Naturkatastrophen fanden im Fernsehen statt. An einer solchen Grundhaltung änderten bislang auch die klimatischen Veränderungen nur wenig. Sie wurden nur sehr schleichend am eigenen Leib spürbar. Aber jetzt zeigt sich die Natur offenbar noch einmal von ihrer eigensinnigen Seite. Sie hat weltweit ein Virus unter die Menschen gebracht, das alle Menschen unmittelbar betrifft und drauf und dran ist, viele Selbstverständlichkeiten des Zusammenlebens in Frage zu stellen.

Und so müssen die sicherheitsverliebten europäischen Gesellschaften von einem Tag zum anderen zur Kenntnis nehmen, dass die Natur nach wie vor in der Lage ist, sie in einen Zustand zu versetzen, den sie nicht zu beherrschen vermögen. Harper weist eindrucksvoll nach, wie politische Entscheidungen dieses frühen, auf freien Personen- und Warenverkehrs beruhenden Weltreichs zum Ausbruch von Seuchen selbst beigetragen haben; er macht aber auch deutlich, dass die dadurch freigesetzten unbändigen Kräfte der Natur entscheidend für den Zusammenbruch waren.

Möglichst schnell zurück in eine Normalität, in der wir nie waren

So weit sind wir hier in Europa in diesen Tagen freilich noch lange nicht. Noch sieht niemand die europäische Zivilisation gefährdet. Ganz im Gegenteil, gerade jetzt, wo in weiten Teilen Europas die zum Teil drakonischen Maßnahmen zur Einschränkung der persönlichen Freiheiten sukzessive gelockert werden, drängt alles darauf hin, die Zustände vor der Krise möglichst rasch wieder herzustellen, um so eine Betrieblichheit, die für breite Mehrheiten als alternativlose Normalität verhandelt wird, wieder aufzunehmen.

In diesem Beitrag möchte ich mich mit der Frage beschäftigen, ob es sich bei dieser Epidemie wirklich um einen einmaligen Betriebsunfall gehandelt hat, der mit den notwendigen Aufräumarbeiten einfach behoben werden kann, um möglichst bald in die alten Routinen zurückkehren zu können. Oder aber ob Covid-19 einen „Epochenbruch“ einläutet, dessen Wirksamwerden unsere Lebensweise nachhaltig verändern wird. Ja, und dann sind da noch diejenigen Beobachter*innen, die meinen, der Ausbruch der Epidemie deute keine Richtungsänderung an, vielmehr die Radikalisierung bereits länger zurückreichender Dynamiken. In der Krise ließen sich wie in einem Brennglas gesellschaftliche Widersprüche deutlicher erkennen, die nicht erst seit gestern das gesellschaftliche Zusammenleben bestimmen.

Die Seuche, die unsere Wirklichkeit zur Kenntlichkeit verzerrt

Einer davon ist der deutsche Soziologe Andreas Reckwitz. In seinem jüngsten Beitrag in Die Zeit „Verblendet vom Augenblick“ kommt er zum Schluss, die aktuellen Reaktionen auf die Epidemie ließen sich nur verstehen im Zusammenhang mit gesellschaftspolitischen Entwicklungen, die bereits in den 1980er Jahren ihren Ausgang genommen hätten. Mit dem Dominantwerden neoliberaler Konzepte zur Bewältigung dem Kapitalismus innewohnender Krisenerscheinungen sei die westeuropäische Erfolgsgeschichte der „sozialen Marktwirtschaft“  zunehmend unter Druck geraten. Sukzessive preisgegeben wurde dabei das politische Bemühen um eine „nivellierte Mittelstandsgesellschaft“. Als Folge seien Fortschritte der kulturellen Liberalisierung und individuellen Selbstentfaltung zunehmend in Widerspruch geraten zu Ansprüchen auf Solidarität und sozialen Ausgleich. Kurz: Aus dem Wohlfahrtsstaat der 1970er und 1980er Jahre habe sich ein Wettbewerbsstaat entwickelt, der die Menschen in die Vereinzelung treibt. Der Rückzug des Staates und damit verbundene Deregulierung und Entgrenzung wurde in fast allen politischen Lagern als alternativlose Politikstrategie verkauft, Erfolg statt Leistung mutierte zum letztentscheidenden Wertmaßstab, anhand dessen sich Menschen in wenige Gewinner und viele (als selbstverschuldet stigmatisierte) Verlierer unterteilt wiederfanden.

Für letztere erweisen sich die Folgen der Krise heute als besonders schwerwiegend. Dazu nur ein Beispiel:  In Österreich sind neun Zehntel der durch die staatlichen Einschränkungsmaßnahmen arbeitslos gewordenen Menschen einfache Arbeiter*innen, die bereits zuvor den Widrigkeiten nicht nur des Arbeitsmarktes weitgehend hilflos ausgeliefert waren. Während sich weite Teile des noch verbliebenen Mittelstandes in Modelle von Kurzarbeit und/oder Home-Office zu retten vermochten, waren es die „einfachen Hackler“, die einerseits die nationalen Gesellschaften auch in der schwierigen Zeit des Lock-Down am Laufen hielten und andererseits gerade dadurch besonderen gesundheitlichen Risiken ausgesetzt waren.

Für die nächste Zeit erwartet man in Europa rund 60 Millionen zusätzliche Arbeitslose, für sie ist der Arbeitsmarkt weitgehend zusammengebrochen. Mit der politischen Weigerung, diesen benachteiligten Gruppen in besonderer Weise unter die Arme zu greifen, erleben wir gerade eine rasante Vergrößerung einer diffusen Sammelbewegung an Unzufriedenheit und Verzweiflung, von der heute niemand sagen kann, ob und wenn ja in welcher Form sie mit demokratischen Mitteln noch einmal politisch gefasst werden kann.

Der Staat kehrt zurück, aber welcher?

Das Szenario von Reckwitz basierte die längste Zeit auf einer Erzählung über einen strukturell dysfunktionalen Staat, dessen einzig verbleibende Aufgabe geworden wäre, sich zurückzuziehen. Bei den politischen Entscheidungsträger*innen herrschte weitgehend Konsens darüber, möglichst viele Entscheidungen den Marktkräften zu überlassen. Mit dem Auftreten des Virus war scheinbar alles anders: In fast allen Ländern kehrte der Staat in machtvoller Weise auf die politische Bühne zurück, legte weite Teile der Wirtschaft lahm (ohne dass deren Lenker signifikant opponierten) und warf mit dem Slogan „Koste es, was es wolle!“ noch einmal mit voller Kraft die Umverteilungsmaschine an. Dazu wurden  noch einmal die nationalen Grenzen hochgezogen, unverbrüchliche Bürgerrechte suspendiert und mit Maßnahmen des Social Distancing tief in unser aller Privatsphäre interveniert.

Als würde er die eigene politische Rhetorik Lügen strafen, erleben wir gerade eine eindrucksvolle Rückkehr des Staates, der sich – weitgehend ohne Widerspruch – noch einmal als ein machtvoller Garant empfiehlt, wenn es darum geht, die Krise zu meistern. Für die breite Akzeptanz dieses Anspruchs könnten die Weichen bereits zuvor gestellt worden sein. Immerhin hatten sich bereits vor dem Auftreten des Virus die Verwerfungen ungezügelter Marktkräfte  in Form von sozialer Ungleichheit, kultureller Desintegration, der Vernachlässigung öffentlicher Güter oder von ökologischen Gefährdungen deutlich gezeigt. Darum angenommen hatten sich freilich bislang nur rechtspopulistische Kräfte, die hoffen konnten, die existentielle Verunsicherung und damit verbundene Perspektivlosigkeit von immer mehr Menschen auf ihre politischen Mühlen lenken zu können. Ihre Regierungsübernahme in den post-kommunistischen Ländern Mittel- und Osteuropas, die davor über nur wenig Erfahrung mit demokratischer Konfliktaustragung verfügten, zunehmend aber auch in anderen Ländern Europas mit einer längeren demokratischen Tradition, ließ bereits vor der Krise Ahnungen vom Wiedererstarken des Staates aufkommen, das Reckwitz als Übergangsphänomen von einer offen-experimentellen Phase einer global-digitalen Spätmoderne zu einer stärker regulierten zweiten Phase zu interpretieren versucht (dass die diesbezüglich treibenden illiberalen und antidemokratischen Kräfte ihre Macht durch Allianzen mit freibeuterischen Wirtschaftsakteuren abzusichern suchen, bleibt dabei gerne ausgeblendet).

Beobachtet man die aktuelle Renaissance des Nationalstaates, dann arrogiert sich dieser gerade die Befähigung, als letztverbliebender stabiler Akteur die wachsenden Widerspruchsverhältnisse, die eine außer Rand und Band geratene globale Wirtschaftsweise geschaffen hat, noch einmal in den Griff zu bekommen.  Dass sich die großen Wirtschaftsakteure (selbst wenn sie nicht so gut an der Krise verdienen wie amazon, google, und Co) gegenüber diesem neuen Staatsdirigat auffällig ruhig verhalten, könnte stutzig machen. Die große Zustimmung weiter Teile der nationalen Bevölkerungen samt ihrer Bereitschaft, sich ohne gröberes Murren an seine Anweisungen zu halten, gibt ihm recht (überall dort hingegen, wo der Staat bzw. seine führenden Repräsentant*innen die Epidemie mit ihren Wirkungen herunterzuspielen versucht haben, büßen sie das mit schwächelnden Zustimmungsdaten).

 

In Teil 2 macht  sich Michel Wimmer über den sich zuspitzenden Kampf zwischen den Anhänger*innen demokratischer autoritärer Herrschaftsformen und über Solidarität in Europa Gedanken und wirft einen exemplarischen Blick auf den Kulturbetrieb.

 

Dies ist ein Beitrag im Rahmen des Blog-Projekts „Gemeinsam oder Einsam aus der Krise? Die Europäische Union am Scheideweg angesichts der Herausforderungen durch den Corona-Virus“. Erfahren Sie hier mehr über das Projekt!

 

„We don’t know where to go, but we’ll get there faster“ (Helmut Qualtinger)

About the effects of a worldwide spreading epidemic, which makes us aware that it cannot go on like this as before and yet allows us to do (almost) everything to continue as before.

Michael Wimmer

PD Dr. Michael Wimmer is the founder and was Managing Director of EDUCULT in Vienna until the end of 2017. Since 2018 he has been director of the research institute and since then he has held the position of chairman of the board. On the international stage, Michael Wimmer is an experienced advisor to the Council of Europe, UNESCO and the European Commission on cultural and educational policy issues.

 

In 2017, the US-American antiquity researcher Kyle Harper published his study „The Fate of Rome, Climate, Desease and the End of an Empire„. In it he outlines the serious effects that climatic changes or the outbreak of epidemics have had on the political constitution of the Roman community. In spite of various crisis phenomena, the mood in Europe in recent years has been one of having nature under control; natural disasters have been televised. Climate change has done little to change this basic attitude. It was only felt very gradually on one’s own body. But now nature is apparently showing its stubborn side once again. It has brought a virus among the people worldwide, which directly affects all people and is about to question many self-evident aspects of living together.
And so, from one day to the next, the security-loving European societies have to acknowledge that nature is still capable of putting them in a state that they cannot control. Harper provides impressive evidence of how political decisions of this early empire, based on the free movement of people and goods, contributed to the outbreak of epidemics themselves; but he also makes it clear that the unbridled forces of nature set free as a result were crucial to the collapse.

Back to a normality that we never were
Admittedly, we are still a long way from achieving that here in Europe these days. No one sees European civilisation as being in danger. On the contrary, just when the sometimes draconian measures to restrict personal freedoms are being successively relaxed in large parts of Europe, everything is pressing for the pre-crisis situation to be restored as quickly as possible in order to resume a business as usual, which is being negotiated for broad majorities as normality without any alternatives.
In this article I would like to address the question of whether this epidemic was really a one-off industrial accident that can be easily remedied with the necessary clean-up work, so that the old routines can be returned to as soon as possible. Or whether Covid-19 heralds an „epoch break„, the impact of which will change our way of life forever. Yes, and then there are those observers who think that the outbreak of the epidemic does not indicate a change of direction, but rather the radicalization of dynamics that go back some time. As if through a magnifying glass, social contradictions, which have been determining social coexistence since before yesterday, became more apparent during the crisis.

The plague that distorts our reality to recognizability

One of them is the German sociologist Andreas Reckwitz. In his most recent article in Die Zeit „Verblendet vom Augenblick“ („Blinded by the instant“), he concludes that the current reactions to the epidemic can only be understood in the context of socio-political developments that would have started in the 1980s. With the domination of neo-liberal concepts for overcoming the crisis phenomena inherent in capitalism, the Western European success story of the „social market economy“ has come under increasing pressure. The political effort to create a „levelled middle class society“ was gradually abandoned. As a result, progress in cultural liberalization and individual self-development increasingly contradicted claims for solidarity and social equality. In short, the welfare state of the 1970s and 1980s has developed into a competitive state that drives people into isolation. In almost all political camps, the withdrawal of the state and the associated deregulation and dissolution of boundaries was sold as a political strategy without alternatives. Success instead of performance mutated into the ultimate decisive measure of value, on the basis of which people found themselves divided into a few winners and many losers (stigmatised as self-inflicted).

For the latter, the consequences of the crisis are proving particularly severe today. Here is just one example:  In Austria, nine tenths of the people who became unemployed due to the governmental measures of restriction are simple workers, who were already before largely helplessly exposed to the adversities not only of the labour market. While large parts of the remaining middle class managed to save themselves into models of short-time work and/or home office, it was the „simple hard workers“ who on the one hand kept the national societies going even in the difficult time of the lock-down and on the other hand were exposed to particular health risks precisely because of this.

In the near future, some 60 million additional unemployed are expected in Europe, for whom the labour market has largely collapsed. With the political refusal to provide these disadvantaged groups with special assistance, we are currently witnessing a rapid increase in a diffuse collective movement of dissatisfaction and despair, of which nobody can say today whether, and if so in what form, it will be possible to take political action again by democratic means.

 

The state returns, but which one?

For the longest time, the von Reckwitz scenario was based on a narrative about a structurally dysfunctional state whose only remaining task would have been to withdraw. There was a broad consensus among political decision-makers that as many decisions as possible should be left to market forces. With the appearance of the virus everything seemed to change: in almost all countries the state returned to the political stage in a powerful way, paralyzing large parts of the economy (without their leaders significantly opposing it) and once again, with the slogan „Whatever the cost!“ To this end, national borders were once again drawn up, unbreakable civil rights were suspended and social distancing measures were taken to intervene deeply in the private sphere of all of us.

As if it were giving the lie to its own political rhetoric, we are currently witnessing an impressive return of the state, which – largely without contradiction – is once again recommending itself as a powerful guarantor when it comes to mastering the crisis. The course may already have been set beforehand for the broad acceptance of this claim. After all, the distortions of unbridled market forces in the form of social inequality, cultural disintegration, the neglect of public goods or ecological hazards had already become clearly evident before the virus appeared. That is why, of course, only right-wing populist forces had so far taken up the cause, hoping to be able to steer the existential insecurity and associated lack of prospects of more and more people onto their political mills. With their assumption of government in the post-communist countries of Central and Eastern Europe, which previously had little experience of democratic conflict resolution, but increasingly also in other European countries with a longer democratic tradition, premonitions of a revival of the state were already emerging before the crisis, which Reckwitz attempts to interpret as a transitional phenomenon from an open-experimental phase of a global digital late modernism to a more strongly regulated second phase (the fact that the illiberal and anti-democratic forces driving this attempt to secure their power through alliances with pirate economic actors is often ignored).

If one observes the current renaissance of the nation state, then it is precisely this ability, as the last remaining stable actor, that arrogates to itself the ability to once again get a grip on the awakening contradictory relationships that a global economy that has gone out of control has created.  The fact that the major economic players (even if they do not earn as much from the crisis as amazon, google, etc.) are conspicuously quiet in their dealings with this new state directorate may make one wonder. The great approval of large parts of the national population, including their willingness to follow his instructions without grumbling, proves him right (however, wherever the state or its leading representatives have tried to play down the epidemic and its effects, they pay for it with weakening approval data).

 

In Part 2 Michel Wimmer reflects on the intensifying struggle between the supporters of democratic authoritarian regimes and on solidarity in Europe, and takes a look at the cultural sector as an example.

This is a contribution to the blog project „Together or alone out of the crisis? The European Union at a crossroads in the face of the challenges posed by the corona virus“. Learn more about the project here

Übersetzung Clara Dehlinger unter Verwendung von www.DeepL.com/Translator

 

«Nous ne savons pas où aller, mais nous y arriverons plus vite » (Helmut Qualtinger)
– Première partie –

Michael Wimmer

Michael Wimmer, PD, est le fondateur et a été directeur général d’EDUCULT à Vienne jusqu’à la fin de 2017. Depuis 2018, il est directeur de l’institut de recherche et, depuis lors, il occupe le poste de président du conseil d’administration. Sur la scène internationale, Michael Wimmer est un conseiller versé auprès du Conseil de l’Europe, de l’UNESCO et de la Commission européenne sur les questions de politique culturelle et éducative.

 

Sur les effets d’une pandémie qui se propage dans le monde entier et qui nous fait prendre conscience que les choses ne peuvent plus continuer comme avant, mais qui nous laisse pourtant faire (presque) tout ce que nous pouvons pour qu’elles continuent comme avant.

En 2017, le chercheur américain sur l’antiquité Kyle Harper a publié son étude „The Fate of Rome, Climate, Desease and the End of an Empire„. Il y expose clairement les graves effets que les changements climatiques ou l’apparition d’épidémies ont eus sur la constitution politique de la communauté romaine. En dépit de divers phénomènes de crise, l’Europe a estimé ces dernières années que la nature était sous contrôle, les catastrophes naturelles n’étaient connues que par la télévision. Le changement climatique a peu contribué à modifier cette attitude fondamentale. Il n’était ressenti que très progressivement sur le propre corps. Mais maintenant, la nature semble à nouveau montrer son côté obstiné. Elle a apporté un virus parmi les gens du monde entier, qui touche directement tout le monde et qui est sur le point de remettre en question de nombreux aspects évidents de la vie en commun. Il y expose clairement les graves effets que les changements climatiques ou l’apparition d’épidémies ont eus sur la constitution politique de la communauté romaine. En dépit de divers phénomènes de crise, l’Europe a estimé ces dernières années que la nature était sous contrôle, les catastrophes naturelles n’étaient connues que par la télévision. Le changement climatique a peu contribué à modifier cette attitude fondamentale. Il n’était ressenti que très progressivement sur le propre corps. Mais maintenant, la nature semble à nouveau montrer son côté obstiné. Elle a apporté un virus parmi les gens du monde entier, qui touche directement tout le monde et qui est sur le point de remettre en question de nombreux aspects évidents de la vie en commun.

Ainsi, d’un jour à l’autre, les sociétés européennes qui aiment la sécurité doivent reconnaître que la nature est encore capable de les mettre dans un état qu’elles ne peuvent pas contrôler. Harper fournit des preuves impressionnantes de la façon dont les décisions politiques de ce premier empire, fondé sur la libre circulation des personnes et des biens, ont contribué au déclenchement des épidémies elles-mêmes. Mais il précise également que les forces irrépressibles de la nature qui se sont ainsi libérées ont été décisives pour l’effondrement.

 

Retour à la normale le plus rapidement possible – und normalité, que nous n’avons jamais eue

Certes, nous sommes encore loin de ce point ici en Europe ces jours-ci. Personne ne voit encore la civilisation européenne en danger. Au contraire, juste où les mesures parfois draconiennes de restriction des libertés individuelles sont successivement assouplies dans de larges parties de l’Europe, tout presse pour que la situation d’avant la crise soit rétablie le plus rapidement possible afin de reprendre une activité qui se négocie à de larges majorités comme une normalité sans alternative.

Dans cet article, je voudrais aborder la question de savoir si cette épidémie était vraiment un accident ponctuel auquel on peut facilement remédier par les travaux de nettoyage nécessaires, afin de pouvoir revenir aux anciennes habitudes le plus rapidement possible ou si le Covid-19 annonce une „rupture d’époque“, dont l’impact changera notre mode de vie pour toujours. Et puis il y a ces observateurs qui pensent que le déclenchement de l’épidémie n’indique pas un changement de direction, mais plutôt la radicalisation de dynamiques déjà ancienne. Comme à travers une loupe, les contradictions sociales, qui déterminent la coexistence sociale non seulement depuis hier, sont devenues plus apparentes pendant la crise.

La pandémie qui déforme notre réalité pour la rendre reconnaissable

Parmi eux se trouve le sociologue allemand Andreas Reckwitz. Dans sa dernière contribution dans „Die Zeit“ „Verblendet vom Augenblick“ , il conclut que les réactions actuelles à l’épidémie ne peuvent être comprises que dans le contexte des développements sociopolitiques qui auraient déjà commencé dans les années 1980. Suite à la domination des concepts néo-libéraux pour surmonter les phénomènes de crise inhérents au capitalisme, l’histoire à succès de « l’économie sociale de marché“ en Europe occidentale est de plus en plus mise sous pression. L’effort politique visant à créer une „société de classe moyenne nivelée“ a été progressivement abandonné. En conséquence, les progrès de la libéralisation culturelle et de l’auto-développement individuel contredisent de plus en plus les revendications de solidarité et d’égalité sociale. En bref : l’État-providence des années 1970 et 1980 s’est transformé en un État compétitif qui pousse les gens à l’isolement. Dans presque tous les camps politiques, le retrait de l’État et donc la déréglementation et la dissolution des frontières ont été vendus comme une stratégie politique sans alternative. Le succès au lieu de la performance est devenu le critère de mesure ultime de la valeur, sur la base de laquelle les gens se sont trouvés divisés en quelques gagnants et de nombreux perdants (stigmatisés comme s’étant infligés eux-mêmes).

Pour ces derniers, les conséquences de la crise s’avèrent aujourd’hui particulièrement graves. En voici un exemple : En Autriche, les neuf dixièmes des personnes mises au chômage par les mesures restrictives du gouvernement sont de simples travailleurs qui étaient déjà largement impuissants face aux adversités non seulement du marché du travail. Tandis qu’une grande partie de la classe moyenne restante a pu se sauver dans des modèles de travail à court terme et/ou de bureau à domicile, ce sont les simples travailleurs qui, d’une part, ont maintenu les sociétés nationales en activité même pendant la période difficile du verrouillage et, d’autre part, ont été exposés à des risques sanitaires particuliers justement pour cette raison.

Dans un avenir proche, 60 millions de personnes supplémentaires  devraient être au chômage en Europe, pour lesquelles le marché du travail s’est largement effondré. Avec le refus politique d’accorder un soutien particulier à ces groupes défavorisés, nous assistons actuellement à une augmentation rapide d’un mouvement collectif diffus d’insatisfaction et de désespoir, dont personne ne peut dire aujourd’hui s’il peut être à nouveau saisi politiquement par des moyens démocratiques et, dans l’affirmative, sous quelle forme.

L’État revient, mais lequel?

Pendant longtemps, le scénario de Reckwitz a été basé sur la description d’un état structurellement dysfonctionnel dont la seule tâche restante aurait été de se retirer. Un large consensus s’est dégagé parmi les décideurs politiques pour que le plus grand nombre possible de décisions soient laissées aux forces du marché. Avec l’apparition du virus, tout semble avoir changé : dans presque tous les pays, l’État est revenu en force sur la scène politique, a paralysé de grandes parties de l’économie (sans que leurs dirigeants ne s’y opposent de manière significative) et a de nouveau lancé la machine à redistribuer avec toute sa force selon le slogan „Quel qu’on soit le prix“!

À cette fin, des frontières nationales ont été érigées à nouveau, des droits civils inviolables ont été suspendus et des mesures de distanciation sociale ont été utilisées pour intervenir profondément dans la sphère privée de chacun d’entre nous.

Comme s’il contredirait sa propre rhétorique politique, nous assistons actuellement à un retour impressionnant de l’État, qui – sans grande contradiction – se recommande à nouveau comme un puissant garant pour maîtriser la crise. Le cours peut avoir été fixé plus tôt pour que cette demande soit largement acceptée. Après tout, les failles des forces du marché débridées sous la forme d’inégalités sociales, de désintégration culturelle, de négligence des biens publics ou de risques écologiques étaient déjà apparues avant l’apparition du virus. Après tout seules les forces populistes de droite ont jusqu’à présent repris la cause, espérant pouvoir diriger l’insécurité existentielle et le manque de perspectives qui en découle pour de plus en plus de personnes vers leurs moulins politiques. Leur accession au pouvoir dans les pays post-communistes d’Europe centrale et orientale, qui n’avaient auparavant que peu d’expérience en matière de résolution démocratique des conflits, mais aussi, de plus en plus, dans d’autres pays européens ayant une tradition démocratique plus ancienne, a fait naître l’idée de relance de l’État, même avant la crise, que Reckwitz tente d’interpréter comme un phénomène de transition d’une phase expérimentale ouverte d’un modernisme numérique tardif mondial à une seconde phase plus fortement réglementée (souvent ignoré est le fait que les forces illibérales et antidémocratiques qui sont à l’origine de cette tentative de s’assurer le pouvoir par des alliances avec des acteurs économiques pirates).

Si l’on observe la renaissance actuelle de l’État-nation, c’est précisément celui-ci qui est en train d’acquérir la capacité, en tant que dernier acteur stable restant, de reprendre en main les relations contradictoires croissantes qui ont créé une économie mondiale qui a échappé à tout contrôle. Le fait que les principaux acteurs économiques (même s’ils ne tirent pas aussi bien profit de la crise qu’Amazon, Google, etc.) restent calmes dans leurs rapports avec cette nouvelle direction de l’État pourrait étonner. La vaste approbation d’une grande partie de la population nationale, y compris leur volonté de suivre ses instructions sans râler, lui donne raison (mais partout où l’État ou ses principaux représentants ont tenté de minimiser l’épidémie et ses effets, ils en font les frais avec des taux d’approbation diminuants).

 

Dans la deuxième partie, Michael Wimmer réfléchit à l’intensification de la lutte entre les partisans des formes de gouvernement démocratiques et autoritaires et de la solidarité en Europe, et prend le secteur culturel comme exemple.

 

Ceci est une contribution au projet de blog „Ensemble ou seul pour sortir de la crise ? L’Union européenne à la croisée des chemins face aux défis posés par le virus de la corona“. Pour en savoir plus , cliquez ici !

Übersetzung Birgit Wolter unter Verwendung von www.DeepL.com/Translator

400 Jahre Dreißigjähriger Krieg

Der vorliegende Band der Loccumer Protokolle dokumentiert fast alle Beiträge einer Tagung, die im November 2018 unter dem Titel „Syrien liegt in Europa. Vor 400 Jahren begann der Dreißigjährige Krieg“ stattfand. Auf der Tagung ging es um einen „doppelten Erkundungsgang“, wie das Vorwort festhält. „Erkundet wurde erstens 400 Jahre nach Beginn und 430 Jahre nach Ende des Dreißigjährigen Krieges dessen politisch-historische Prägnanz. Erkundet wurde zweitens die analytische Relevanz dieser politisch-historischen Sichtungen für den im Jahr 2018 in sein siebtes Jahr gehenden Syrienkonflikt.“ Sie können den Tagungsband hier bestellen.

 

Syrien liegt in Europa

Inhalt

Karlies Abmeier und Stephan Schaede
Vorwort

Martin Tamcke
Konfessionelle und religiöse Kriege, Konflikte und Spannungen im syrischen Raum. Ein historisches Panorama

Dieter Breuer
Friedenskonzepte in literarischen Texten aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges

Harald Suermann
Religiöse Positionen der Christen im Kontext der religiösen Propaganda in Syrien und im Irak

Christian Mühling
Wie der Dreißigjährige Krieg zum Religionskrieg wurde

Ashti Amir
Religiöse Aufladungen und Entladungen in den Konfliktregionen des Nahen und Mittleren Ostens

Holger Böning
Vom Krieg erzählen. Das neue Medium Zeitung und die Publizistik während des Dreißigjährigen Krieges

Larissa Bender
Mediale Äußerungen als Politikum im Syrienkonflikt

Hendrik Munsonius
Vom Religionskonflikt zur Friedensordnung: Der Westfälische Frieden von 1648

Markus Böckenförde
Welche rechtspolitischen Interventionen könnten im Syrienkonflikt hilfreich sein?

Christopher Voigt-Goy
Die Herausbildung neuer staatlicher Formationen im Zuge des Dreißigjährigen Krieges und ihre religionspolitischen Implikationen

Michael Rohrschneider
Kriegsverdichtung und Friedensfähigkeit. Verhandlungstechniken auf dem Weg zum Frieden am Beispiel des Kongresses von Münster und Osnabrück (1643–1649)

Maria-Elisabeth Brunert
Erfolgreiche Friedenspolitik im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges. Der Jülicher Erbfolgestreit (1609–1678) und seine friedliche Beilegung

Patrick Milton
Lektionen und Analogien: Lehren für Nahost aus dem Dreißigjährigen Krieg und dem Westfälischen Frieden

Vorwort
Syrien liegt in Europa – dieser Titel markiert bündig den doppelten Erkundungsgang der Tagung. Erkundet wurde erstens 400 Jahre nach Beginn und 430 Jahre nach Ende des Dreißigjährigen Krieges dessen politisch-historische Prägnanz. Erkundet wurde zweitens die analytische Relevanz dieser politisch-historischen Sichtungen für den im Jahr 2018 in sein siebtes Jahr gehenden Syrienkonflikt. Im Fokus der Tagung standen also ein historischer und ein aktueller Kriegsschauplatz mit ihren politisch religiös aufgeladenen Konfliktkonstellationen.
So machten sich mit historischer, politologischer, religionshistorischer und literaturwissenschaftlicher Expertise Forschende an die Arbeit, um die neben unter anderen von Herfried Münkler vorgetragene These zu prüfen, dass der Dreißigjährige Krieg als Analysefolie für den Syrienkonflikt dienen könne. Die Frage lautete: Wirft die Analyse eines unter völlig anderen geschichtlichen Bedingungen verlaufenden langjährigen Konfliktes wie des Dreißigjährigen Krieges Ideen für die Beilegung einer aktuellen Auseinandersetzung im Nahen Osten ab? Hilft eine solche Prüfung, den Syrienkonflikt und seine Mechanismen besser zu verstehen? Kann sie vor bestimmten Konfliktlösungsstrategien oder -fantasien warnen? Oder ist ein solcher Vergleich naiv, kurzschlüssig, ja irreführend und nur scheinbar produktiv?
In Beitragspaaren, die jeweils die Konstellation des Dreißigjährigen Krieges und des Syrienkonfliktes beleuchteten, wurde diesen zentralen Fragen nachgegangen. Nach einer umfassenden Einführung in das Panorama historisch bedingter und bis heute erkennbarer Linien konfessioneller und religiöser Kriege, Konflikte und Spannungen im syrischen Raum skizzierte ein erstes Panel die friedensstiftende und konflikteskalierende Wirkung von Sprache und Kommunikation in Syrien sowie während des Dreißigjährigen Krieges. Ein zweites Panel exponierte die jeweiligen religionspolitischen Konturen. Mit welchen Formen und Modellen argumentierten und argumentieren die Parteien vor allem religiös? Ein drittes Panel führte vor Augen, wie literarische Narrationen die Konflikte bearbeiteten und bewältigten. Sodann wurden in der Gegenüberstellung von Dreißigjährigem Krieg und Syrien die Leistung zweier Konfliktlöser aufgerufen, nämlich die des Konfliktlösers Recht und die des Konfliktlösers eines territorialen bzw. staatlichen (Neu)formierungsprozesses. Drei Beiträge boten eine Analyse der Konfliktlösungsstrategien und langwierigen Friedensschlussdynamiken während des Dreißigjährigen Krieges und schätzten – unterschiedlich kritisch – die Relevanz dieser Strategien und Dynamiken für den Syrienkonflikt ein.
Der vorliegende Band dokumentiert fast alle Beiträge der Tagung. Leider konnte ein Abendgespräch mit Jörg Armbruster zur Eigenart des Syrienkonfliktes nicht dokumentiert werden. Und Christian Mühling hat seinen Tagungsbeitrag für einen anderen Publikationsort zugesagt, dafür aber einen anderen für die Frage nicht weniger instruktiven Text für diese Dokumentation zur Verfügung gestellt. Die Texte sind dem Genre eines Loccumer Protokollbandes folgend als Vortrags- und Beitragstexte in einer durchaus hohen stilistischen Varianz abgedruckt. Gerade darin mag der besondere Reiz dieser Publikation liegen.
So wäre es auch vermessen, in wenigen Quintessenzen zusammenzufassen, was sich durch die Tagungsdiskussion ergab. Weniges sei hier notiert:
– Religion bildet immer einen Aspekt in den Kriegen und Spannungen Syriens. Selten aber waren Religionen die Quellen für Kriege und Spannungen: Landbesitzfragen, Desintegration/Integration ethnischer Minderheiten, Fragen nationaler Konnotation.
– Im Blick auf die literarische Verarbeitung des Dreißigjährigen Krieges und deren religionspolitischer Relevanz von Friedensverhandlungen lässt die Lektüre von Werken wie Grimmelshausens Simplicissimus-Roman (1668), der Flugschrift „Querela Pacis des Erasmus“ (1622) sowie die Friedensverhandlungen von Münster im Somnium des Pseudomoscherosch (1646) als eine Art anthropologisch-historische Grundkonstante literarisch meisterhaft exponiert erahnen: Ohne diverse Gesandtschaften – im Zuge der Westfälischen Friedensverhandlungen waren es nicht weniger als 109 Gesandtschaften – und langjährige Verhandlungen geht es nicht. Und: Es wäre naiv zu meinen, religiöse Akteure seien geborene Vermittler. Friedenspläne sind viel eher Produkte von Vernunft und einem im Verlauf von multilateralen Aushandlungsprozessen und elementarer militärischer und ziviler Ermüdung entstehenden guten Willens. Zugleich zeigt ein Blick in die Dokumentation religiöser Positionen der Christen im Kontext „religiöser Propaganda“ in Syrien: Eine durchaus auch religionsaffine, also etwa islamische Begründung eines gleichberechtigen Zusammenlebens der Anhänger verschiedener Religionen in einem säkular verfassten Staat dürfte auch auf der Mikroebene einer durch Flucht, Rückkehr und Raub hochgradig verunsicherten Nachbarschaft eine versöhnliche Fassung geben (Harald Suermann).
– Zur Frage der religiösen Aufladung: Der Dreißigjährige Krieg wurde bereits im 17. Jahrhundert in strategischer Absicht als Religionskrieg gedeutet, obgleich schon während dieses Krieges die Debatte geführt wurde, wie weit es sich um einen Regions- und nicht nur einen Religionskrieg handele. Mit verzwickt gegenläufigen Interessen wurde von Protestanten und Katholiken – mit wiederum kontroversen Interessen innerhalb katholischer Erinnerungspolitik – der Dreißigjährige Krieg als Religionskrieg stilisiert. Ergebnis dessen ist teilweise bis heute, dass der Charakter des Dreißigjährigen Krieg als eines Religionskrieges überkonfessionell negativ bestimmt ist und dass eine Neuauflage unbedingt zu verhindern sei. (Christian Mühling). Nicht weniger wurden die Religionen im Konflikt in Syrien instrumentalisiert und haben wiederum ihrerseits Konfliktszenarien ausgenutzt. Radikalisierenden Vorschub erhält diese Instrumentalisierung, solange sich für Menschen nur brutal soziale Ausweglosigkeiten abzeichnen (Ashti Amir).
– Inmitten von Tod und Zerstörung blühte während des Dreißigjährigen Krieges ein neues narratives Handwerk: die Zeitungsberichterstattung. Beeindruckend regelmäßig, verblüffend schonungslos und drastisch, aber im Blick auf die eigene Parteilichkeit reflektiert, war sie vor allem durch ihre Nähe zum erlebten Krieg gekennzeichnet. Sie lieferte Details, die der Historiographie bis in diese Tage hinein entgangen sind, und die es in den heutigen Medien nur noch selten gibt. Die grausame Verselbstständigung des Krieges, der längst nicht mehr Mittel der Politik war, sondern sich selbst ernährte, war Gegenstand. Als Mittel der öffentlichen Kommunikation zeigten sich die Berichte erstaunlich gut informiert über die Folgen von Versorgungsmangel, Hunger, Durst, Soldausfall und Plünderung, waren aber gleichzeitig im Blick auf die von Geistlichen aller Konfessionen vorgebrachten Deutungen der Kriegsgeschehen als göttlicher Geschichte nahezu vollständig resistent. Das Handeln der Mächtigen verlor vor allem in diesem Medium jede höhere divinatorische Dignität. Es sind Menschen, die für das Elend des Krieges Verantwortung getragen haben (Holger Böning).
– Den frühneuzeitlichen Zeitungsschreibern gleich haben junge syrische Aktivistinnen und Aktivisten unzählige neue Medien ins Leben gerufen: Zeitungen, Zeitschriften, Fernsehsender, soziale Mediennetzwerke, die trotz aller Widrigkeiten im syrischen Inland und im Ausland mit starken Expressionen arbeiten – surreal für eine real nicht mehr zu erfassende Allgegenwart von Tod, Krieg und Angst. Romane, Gedichte, Theaterstücke geben zudem die Möglichkeit, die eigene Sprache wieder zu finden (Larissa Bender).
– Das Recht hat sich im Dreißigjährigen Krieg nicht einfach nur als Konfliktlöser erwiesen. Vielmehr erfuhr es in den langwierigen Verhandlungen, die zum Westfälischen Frieden führten, selbst eine konfliktdeeskalierende Wendung: Es wurde säkularer, als zunehmend die Frage nach der religiösen Wahrheit der Frage nach der Überlebensfähigkeit und Ordnung des Gemeinwesens wich. Es wurde positivistischer, insofern Rechtsgeltung wesentlich von deren prozeduralen Zustandekommen abhängig wurde. Und es wurde religiös-weltanschaulich neutraler und konnte so zum mediatisierenden Konfliktlöser werden (Hendrik Munsonius). Rechtspolitische Interventionen haben im Syrienkonflikt durchaus eine Chance; in Gestalt einer völkerrechtlichen Auslotung eines militärischen Einschreitens, in Gestalt des völkerrechtlichen Rahmens, der sich durch die Umsetzung von UN-Sicherheitsratsbeschlüssen ergeben kann, und in den Grenzen und Möglichkeiten, eine Verfassung auszuarbeiten. Letzteres ist aber auf ein gewisses Verhandlungsgleichgewicht angewiesen, das aufgrund des Machtzuwachses des Assad-Regimes in Syrien immer stärker schwindet. Regionale Interessen von Nachbarstaaten könnten einen Verfassungsaushandlungsprozess zusätzlich belasten oder gar blockieren (Markus Böckenförde).
– Das Vertragswerk von Münster und Osnabrück, der Westfälische Frieden, mag als entscheidender Schritt der Entwicklung souveräner Einzelstaatlichkeit gewertet werden. Allerdings bestand souveräne Einzelstaatlichkeit im Blick auf die Religionsfrage gerade nicht. Man kann von einer religionsrechtlich gehemmten Einzelstaatlichkeit sprechen. Aus der entstehenden Staatlichkeit folgte also gerade nicht automatisch eine religionsbefriedende Wirkung. Das wäre im Blick auf die damit verbundenen Probleme für so manche territoriale Zuordnungsfantasie, die es für Syrien gibt, aufschlussreich. Kann eine nach religiösen Denominationen strukturierte territoriale Zuordnung mit komplexen Duldungs- oder Migrationsoptionen für Menschen anderen Glaubens je hilfreich sein? Es bleibt sehr fraglich , ob aus den im Westfälischen Frieden eingeführten Institutionen der rechtlich-politischen Moderation eines Konfessionskonflikts (z.B. itio in partes) ein Modell für den Syrienkonflikt folgen kann.
– Auf dem Weg zum Friedensschluss bietet eine historische Analyse der Aushandlungsprozesse im Verlauf des Dreißigjährigen Krieges für Klärungsprozesse in Syrien einiges Lernpotential: von den Folgen eines Wechsels bilateraler face-to-face-Kommunikation und multilateraler Beratungen für Verhandlungsergebnisse über den Einfluss von unkalkulierbaren Zwischenfällen bis zu den Logiken symbolischer Kommunikation und Fragen eines diplomatischen Protokolls. In jedem Fall zeigen die Verhandlungsprozesse, die zum Westfälischen Frieden führten, beeindruckend: Eine klug abgestimmte Kette von Teilverhandlungen, an denen jeweils nur zu lösende Konfliktsegmente mit nur einem Teil der Konfliktparteien bearbeitet werden, ist produktiv (Michael Rohrschneider).
Anregungen für Syrien mögen schließlich die Methoden des 17. Jahrhunderts bieten: fortdauernde Kommunikation, von allen Seiten anerkannte Mediatoren und Diplomaten, nicht jedoch die unmittelbare Verständigung zwischen den Spitzen der Konfliktparteien, das Vertagen der Beilegung eines Konflikts, die Unterstützung einer kriegskritischen Stimmung in der Öffentlichkeit, eine durch nichts zu beirrende Ausdauer in der Verhandlungswilligkeit und gegebenenfalls Einzelfalllösung für Regionen zählten zu den Erfolgsfaktoren der Konfliktbeilegung (Maria-Elisabeth Brunert).
– Ob gesellschaftspolitisch in europäischem Kontext ersonnene – durch die Analyse des Dreißigjährigen Krieges inspirierte – Lösungsmodelle wie konfessionelle Parität in Institutionen oder eine Art konditionaler Souveränität für gescheiterte Staaten, die eine nicht nur zwischenstaatliche, sondern auch internationale innerstaatliche Kontrolle ermöglichen würde, erfolgversprechend sind (Patrick Milton), blieb während der Tagung stark umstritten. Forschungsdesigns wie „Westphalia for the Middle East“ strapazieren nun eben nicht geringfügig die politische Aussagekraft und Belastbarkeit historischer Erkundungsgänge.

Wir danken allen Autorinnen und Autoren dafür, dass sie ihre überarbeiteten Vortragsmanuskripte für die Drucklegung zur Verfügung gestellt haben. Anne Sator sei für das Layout und die Unterstützung der Drucklegung gedankt. Peter Neu hat bei der Durchsicht der Manuskripte keine Mühen gescheut und sich um das zum Teil sehr anspruchsvolle Lektorat verdient gemacht. Zu danken ist schließlich der Konrad-Adenauer-Stiftung sowie der Bundeszentrale für politische Bildung für den namhaften finanziellen Beitrag zur Tagung.

Berlin/Loccum, im Februar 2020
Karlies Abmeier und Stephan Schaede