Atommüll-Lager und Partizipation
28.06.2019 - 30.06.2019
Die Reihe der Loccumer Atompolitik-Tagungen begleitet kontinuierlich den Diskurs um die Zwischenlagerung, den Suchprozess nach einem langfristigen Lager für hochradioaktive Abfälle sowie die Entwicklung und Etablierung von Partizipationsprozessen. Über Fragen rund um die Prozesse hinaus gilt es unter anderem grundlegende Begrifflichkeiten wie Transparenz, Konfliktkultur, systemischer Ansatz, Evaluation unter anderem miteinander zu klären.
Aus der Tagung ging ein Bericht des Evangelischen Pressedienstes hervor:
Loccum/Kr. Nienburg (epd). Die Hamburger Juristin Jorina Suckow wünscht sich mehr Beteiligung von jungen Menschen an der Auseinandersetzung um die Suche nach einem atomaren Endlager in Deutschland. Die 26-Jährige vertritt im „Nationalen Begleitgremium“ die junge Generation. Das Gremium aus vom Parlament ernannten Persönlichkeiten und Bürgervertretern soll die Endlagersuche begleiten. „Wir Jüngeren haben nicht entschieden, in die Atomkraft einzusteigen, aber die Last tragen wir“, sagte Suckow anlässlich einer Tagung in Loccum im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).
„Das Thema wird sich über Jahrzehnte hinziehen“, sagte die Promotionsstudentin. Bis 2031 soll nach bisherigen Plänen ein Standort benannt werden. „Dann wird irgendwann gebaut und eingelagert. Das betrifft die, die heute jung sind“, sagte Suckow. „Eine Frage ist auch, wie sichert man das Wissen um die gefährlichen Stoffe, die eingelagert werden sollen, für die Zukunft ab.“
Das Begleitgremium plant Suckow zufolge mit anderen Akteuren der Endlagersuche unter anderem im Oktober einen Workshop, um mit jungen Menschen zu erörtern, wie die Öffentlichkeitbeteiligung gestaltet sein soll und in ihrer Generation noch mehr Interesse geweckt werden kann. Dass das Thema derzeit weit weniger Konjunktur hat als etwa die Jugendbewegung „Fridays for Future“, erklärt sie sich mit den Einflussmöglichkeiten. Im Kampf gegen eine Klimakrise gebe es konkrete Forderungen, wie etwa Kreuzfahrten einzuschränken.
Das Problem mit dem hochradioaktiven Müll sei dagegen unumkehrbar, erläuterte sie: „Er ist da, und wir müssen damit umgehen. Wir haben keine andere Wahl, als uns als Gesellschaft damit zu befassen.“ Die öffentliche Aufmerksamkeit werde deutlich steigen, wenn im Sommer kommenden Jahres Regionen für die Standortauswahl benannt werden.
„Man könnte durchaus auf die Straße gehen, um noch mehr Transparenz für das Suchverfahren zu fordern“, sagte sie. So dränge das Begleitgremium die Bundespolitik, endlich ein längst geplantes Geodaten-Gesetz zu verabschieden. Wenn unterirdische Gesteinsformationen durch früheren Bergbau beeinträchtigt sind oder etwa in Erdbebenzonen liegen, kommen sie für die weitere Erkundung nicht infrage. Viele dieser Daten wurden von privaten Firmen erhoben und übermittelt, sie dürfen deshalb bislang nicht veröffentlicht werden. „Die Daten müssen aber einsehbar sein, damit die Suche transparent ist“, betonte Suckow.
Bei der Tagung der Evangelischen Akademie Loccum diskutierten Experten, Politiker und Vertreter von Bürgerinitiativen am Wochenende über die Standortsuche. Die Loccumer Akademie bietet mit regelmäßigen Tagungen seit Jahren ein Forum in der Auseinandersetzung um die Risiken der Atomkraft.
epd-Gespräch: Karen Miether
Dr. Monika C. M. Müller, Ev. Akademie Loccum
Austausch mit Akteuren in Gruppen
Bundesumweltministerium
Elisabeth Meyer zu Rheda, Leiterin Abteilung Grundsatzangelegenheiten der nuklearen Entsorgung, Standortauswahl Endlagerung, BMU, Berlin
Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit
Florian Emrich, Leiter des Präsidialbereichs des BfE, Berlin
Bundesgesellschaft für Endlagerung
Steffen Kanitz, Mitglied der Geschäftsführung der BGE, Peine
Jörg Tietze, Bereichsleiter Standortauswahl, BGE, Peine
Nationales Begleitgremium
Prof. Dr. Miranda Schreurs, Co-Vorsitzende, München
Jorina Suckow, Mitglied, Bürgervertreterin, Hamburg
Austausch im Plenum
Oliver Georgi, Autor, Politischer Redakteur, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Frankfurt am Main
Dr. Jan-Hendrik Kamlage, Kulturwissenschaftliches Institut Essen
Sylvia Kotting-Uhl, MdB Bündnis 90/Die Grünen, Vorsitzende des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Berlin
Dr. Anne Eckhardt, risicare GmbH, Zollikerberg, Schweiz
Gemeinsamer Austausch im Plenum
Dr. Peter Hocke-Bergler, ITAS, Karlsruhe
Moderation: Dr. Monika C.M. Müller
Prof. Dr. Oliver Sträter, Dekan, Arbeits- und Organisationspsychologie, Universität Kassel
Moderation: Julia Lena Reinermann, Kulturwissenschaftliches Institut Essen
Martin Steinebrunner, Deutsche Koordinationsstelle Schweizer Tiefenlager, Waldshut-Tiengen
Ein kritischer Blick
Asta von Oppen, Rechtshilfegruppe Gorleben, Gartow
Moderation: Dörthe Themann, Freie Universität Berlin
Jürgen Döschner, Journalist, WDR, Köln
Axel Schröder, Deutschlandradio, Landeskorrespondent Hamburg
Jochen Stay, Sprecher von .ausgestrahlt - gemeinsam gegen Atomenergie, Hamburg
Dr. Nina Scheer, stellvertretende Sprecherin der Arbeitsgruppe Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit der SPD-Bundestagsfraktion, Berlin
Sylvia Kotting-Uhl, MdB Bündnis 90/die Grünen, Vorsitzende des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Berlin
Jochen Stay, .ausgestrahlt
Dr. Nina Scheer, MdB SPD Fraktion
Moderation: Dr. Monika C. M. Müller