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Vom Terror überfordert?

Die Herausforderung des gewaltsamen Rechtsextremismus

12.12.2019 - 13.12.2019

Thema

Die Mordserie des NSU, die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke und jüngst die Anschläge in Halle haben die Gefahren des Rechtsterrors und des gewaltsamen Rechtsextremismus in Deutschland erneut drastisch vor Augen geführt und Schwachstellen in der Architektur der inneren Sicherheit of­fengelegt. Es gibt zahlreiche Probleme in Sachen Informa­tionsaustausch, Festlegung von gemeinsamen Standards oder beim koordinierten Handeln über Zuständigkeitsgren­zen hinweg. Zudem zeigt die aktuelle Debatte, dass vor al­lem eine gesellschaftspolitische Antwort notwendig ist, um die Gefahren von Rechtsterrorismus und gewaltbereitem Rechtsextremismus zu begegnen. Gefordert ist ein breiter Ansatz, der deutlich über polizeiliche Maßnahmen hinaus­geht. Wie kann dies gelingen?

 

Rückblick

Aus der Tagung heraus ist auch ein Bericht des Evangelischen Pressedienstes (EPD) entstanden:

Verfassungsschutz: Beobachtung Rechtsextremer schwieriger

Loccum/Kr. Nienburg (epd). Der Verfassungsschützer Wolfgang Freter sieht durch neue rechte Strömungen die Demokratie in Gefahr. Anhänger der „Identitären Bewegung“ oder Reichsbürger seien argumentativ nicht mehr zugänglich und lebten abgeschottet vom demokratischen Diskurs, sagte der Referatsleiter Rechtsextremismus und Prävention vom Verfassungsschutz Niedersachsen am Freitag bei einer Tagung der Evangelischen Akademie Loccum bei Nienburg.

Mit den veränderten Kommunikationsformen sei die Beobachtung von Rechtsextremisten schwieriger geworden. Früher hätten diese ihre Positionen nur über Szene-Postillen verbreiten können, heute finde man alles frei zugänglich im Internet, erläuterte Freter. Hass werde immer drastischer geäußert, die Trennlinie zwischen populistisch und extremistisch verschwimme. Zugleich wachse der „unstrukturierte Bereich“, der sich nicht in rechtsextremen Parteien oder Bewegungen organisiere. Rechtsextreme fänden Inspirationen durch Werke aus dem Ausland, etwa das sogenannte „Breivik-Manifest“.

Nach der Mordserie des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) sei die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern intensiviert worden, sagte Freter. Aktuell gingen die Behörden von bundesweit 12.700 gewaltorientierten Rechtsextremisten aus. „Wir haben die Szene im Blick, aber wir wissen nicht, ob wir alles sehen“, sagte der Referatsleiter. Bei der Tagung „Vom Terror überfordert? Die Herausforderung des gewaltsamen Rechtsextremismus“, diskutierten mehr als 70 Fachleute.

Der freie Journalist und Rechtsextremismusexperte Andreas Speit betonte, dass sich der rechte Terror in einigen Regionen längst auf das Alltagsleben auswirke. „Die Menschen wissen inzwischen, welchen Zug sie zu welcher Zeit besser nicht nehmen.“ Er wies zudem darauf hin, dass Sicherheitsbehörden in ihren Reihen vereinzelt selbst ein Problem mit Rechtsextremismus hätten. Dies habe zuletzt der Prozess gegen einen Ex-SEK-Polizisten, der der Gruppierung „Nordkreuz“ angehöre, gezeigt. „Auch Polizei und Sicherheitsbehörden ziehen bestimmte Charaktere an“, sagte er.

Marc Grimm von der Fakultät Erziehungswissenschaften der Universität Bielefeld warb dafür, gefährdeten Jugendlichen positive Rollenbilder anzubieten: „Freiheit ist ein besseres Identifikationsangebot als Unfreiheit.“ Die Standardforderung „mehr Bildung“ greife allerdings zu kurz. „Auch ein gebildeter Mensch ist zu Vorurteilen fähig.“ (3062/13.12.19)

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Programm

Donnerstag, 12.12.2019
13:30 Uhr
Anreise der Teilnehmenden zum Stehkaffee

14:00 Uhr
Begrüßung und Eröffnung

Dr. Thomas Müller-Färber, Ev. Akademie Loccum

14:10 Uhr
Rechtsterrorismus und rechtsextreme Gewalttäter – aktuelle Trends und Entwicklungen

Impulse aus …

… journalistischer Perspektive:
Andreas Speit, freier Journalist und Autor, Hamburg

… nachrichtendienstlicher Perspektive:
Wolfgang Freter, Referatsleiter Rechtsextremismus und Prävention, Verfassungsschutz Niedersachsen, Hannover

15:30 Uhr
Kaffee und Kuchen

16:00 Uhr
Im Dialog mit der Wissenschaft: Neueste Erkenntnisse zu Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus – Was wissen wir und was wissen wir nicht?

Dr. Jan Schedler, Dozent, Fakultät für Sozialwissenschaft, Ruhr-Universität Bochum
Dr. Michael Kohlstruck, Zentrum für Antisemitismusforschung, Technische Universität Berlin
Prof. Dr. Andreas Beelmann, Direktor des Zentrums für Rechtsextremismusforschung, Demokratiebildung und gesellschaftliche Integration (KomRex) und Professur für Forschungssynthese, Intervention und Evaluation, Friedrich-Schiller Universität Jena
Dr. Marc Grimm, Arbeitsgemeinschaft Sozialisation an der Fakultät Erziehungswissenschaften, Universität Bielefeld
Dr. Dominik Rigoll, Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung, Potsdam

18:30 Uhr
Abendessen

19:30 Uhr
Polarisierte Gesellschaft: Dringen Rechtsextreme in die „Mitte“ der deutschen Gesellschaft vor? Was können wir tun?

Prof. Dr. Beate Küpper, Professorin für Soziale Arbeit in Gruppen und Konfliktsituationen an der Hochschule Niederrhein und stellv. Leitung des Institutes SO.CON, Mönchengladbach
Deniz Kurku, MdL, Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Niedersachsen gegen Rechtsextremismus, Hannover
Andreas Speit, freier Journalist und Autor, Hamburg

21:00 Uhr
Ausklang auf der Galerie

Freitag, 13.12.2019
08:15 Uhr
Morgenandacht (optional)

08:30 Uhr
Frühstück

09:15 Uhr
Brennpunkte und Handlungsfelder in der Auseinandersetzung mit Rechtsterrorismus und rechtsextremen Gewalttätern

-
Forum I: Brennpunkt Internet und Soziale Medien

Patric Dujardin, Projekt „LOVE Storm – Gemeinsam gegen Hass im Netz“, Lüchow
Johannes Baldauf, Online Civil Courage Initiative (OCCI) und facebook Deutschland, Berlin
Carl Philipp Schröder, Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen e. V. und Mitarbeiter im Projekt Radikalisierung im digitalen Zeitalter (RadigZ), Hannover

10:45 Uhr
Kaffee- und Teepause

11:00 Uhr
Fortsetzung der Diskussion mit Forium II und III (in parallelen Arbeitsgruppen)

-
Forum II: Prävention, Deradikalisierung und Aussteigerprogramme

Stefan Tepper, Landespräventionsrat Niedersachsen, Niedersächsisches Justizministerium, Hannover
Bianca Klose, Geschäftsführerin der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus (mbr), Berlin
Dr. Franziska Schmidtke, Geschäftsführerin, KomRex, Jena
Prof. Dr. Kurt Möller, Fakultät Soziale Arbeit, Hochschule Esslingen

-
Forum III: Aufklärung und Ermittlung gegen rechtsextre-mistische und rechtsterroristische Strukturen und Akteure

Daniel Kretzschmar, Vorsitzender Landesverband Berlin, Bund Deutscher Kriminalbeamter, Berlin
Frank Jansen, Journalist, Der Tagesspiegel, Berlin
Andreas Ostwaldt, Niedersächsisches Landeskriminalamt, Hannover

12:30 Uhr
Mittagessen

13:30 Uhr
Kurzberichte aus den Diskussionsforen

14:00 Uhr
Was heißt „wehrhafte Demokratie“ heute?

Abschlussplenum
Olaf Sundermeyer, Journalist und Autor des Buches „Rechter Terror in Deutschland“, Berlin
Bernhard Witthaut, Präsident, Verfassungsschutz Niedersachsen, Hannover

15:30 Uhr
Abschiedskaffee und -kuchen

15:50 Uhr
Abfahrt des Busses zum Bf. Wunstorf