„Wenn bei der EKD jemand so twittern würde, wie Luther gesprochen hat, würde es ständig retweetet“, sagte Sven Giegold. Der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium (Grüne) brachte damit ein Problem auf den Punkt, das neben der Frage nach dem Politischen immer mitschwang: Wie kann die Kirche ihre Botschaften medial vermitteln? Und wie relevant ist ihre Stimme noch in den gegenwärtigen gesellschaftlichen Debatten?
Giegold, Mitbegründer von Attac, langjähriger Europaabgeordneter und Mitglied im Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentags, hat seinen Teil dazu beigetragen, dass die Aktivitäten der Kirche als überwiegend links-grün wahrgenommen werden. Er war treibende Kraft bei der Gründung des Seenotrettungs-Bündnisses „United4Rescue“, für das sich auch Bayerns Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm als EKD-Ratsvorsitzender stark gemacht hat. „Wir schicken ein Schiff“ lautete der Slogan für das kirchliche Engagement, das sowohl Befürworter wie Kritiker auf den Plan rief. Letztere geben zu bedenken, dass die Seenotrettung letztlich das Geschäft von Schlepperbanden festige. Befürworter wie Bedford-Strohm halten sich an die zentrale Predigtaussage im Schlussgottesdienst des Dortmunder Kirchentags: „Man lässt keine Menschen ertrinken. Punkt.“
Der ehemalige EKD-Vizepräsident Horst Gorski gewährte Einblicke hinter die Kulissen der damaligen Entscheidungsfindung. Der Rat der EKD habe sich Gedanken gemacht, ob die politische Botschaft hinter dem symbolischen Akt, ein Schiff zu schicken, durchdringt: dass es nämlich darum gehe, die Fluchtursachen zu bekämpfen und auf die Tatenlosigkeit der Politik hinzuweisen. „Heinrich Bedford-Strohm hat das in jedem Interview gesagt.“ Dennoch sei in der medialen Verkürzung nur das „EKD-Schiff“ als starkes Bild wahrgenommen worden.