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Faktoren des Kirchgangs heute:

Ergebnisse - Interpretationen - Konsequenzen

In Zusammenarbeit mit der Liturgischen Konferenz und dem Pastoralkolleg Niedersachsen

13.09.2019 - 14.09.2019

Thema

Wann und warum gehen Menschen heute zur Kirche? Was motiviert sie, Gottesdienste zu besuchen, und was hindert sie daran? Was macht einen Gottesdienst wirklich attraktiv und einladend? Eine neue deutschlandweite Studie der Liturgischen Konferenz widmet sich diesen Fragen. Über 12.000 Menschen haben sich im Frühsommer 2018 daran beteiligt. Nun sollen Ergebnisse der Studie vorgestellt und diskutiert sowie über mögliche Konsequenzen beraten werden.

Rückblick

Aus der Tagung ging am 16.09.2019 ein Bericht von Lothar Veit im Auftrag des Evangelischen Pressedienstes hervor:

EKD-Studie zum Kirchgang führt weiter zu Diskussionen / Abschaffung des Sonntagsgottesdienstes?

Welche Zukunft hat der traditionelle Sonntagsgottesdienst? Darüber wird nach der Veröffentlichung einer EKD-Studie diskutiert. Dabei geht es vor allem um Quantität und Qualität des Gottesdienstes angesichts schwindender Ressourcen.

Die erste Aufregung hat sich gelegt: Niemand will den Sonntagsgottesdienst abschaffen. Auch die Verfasser der Kirchgangsstudie, die die Debatte ausgelöst hatten, wollen das nicht.

Die Gemeinden müssten aber überlegen, wie in Zeiten schwindender Besucherzahlen die personellen Ressourcen sinnvoll genutzt werden können, sagt die Theologin Julia Koll. Sie ist die Leiterin der Kirchgangsstudie 2019 der Liturgischen Konferenz in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Die Autoren hatten nach der Auswertung der Daten von rund 10.400 Befragten mit dem Fazit Aufsehen erregt, dass mit Blick auf die geringe Reichweite des Sonntagsgottesdienstes „vielerorts engagierter und ergebnisoffener über seinen Fortbestand diskutiert werden“ müsse.

Dass der traditionelle Gottesdienst noch Mittelpunkt der Gemeinde sei, behauptet bei einer Tagung der Evangelischen Akademie Loccum niemand. Dort wurden die Ergebnisse der Studie diskutiert. Laut dem Bonner Theologieprofessor Michael Meyer-Blanck erwarten die Menschen von einem guten Gottesdienst, dass er sie religiös und persönlich anspricht. Dafür sei die Form zweitrangig.

Mehr besondere Gottesdienste für bestimmte Zielgruppen?

Der Vorsitzende der Liturgischen Konferenz sieht das Heil daher nicht in einer noch größeren Differenzierung und immer mehr besonderen Gottesdiensten für bestimmte Zielgruppen. Eine religiöse Motivation sei bei vielen Besuchern der zunehmenden Kasualgottesdienste anlässlich von Taufe, Beerdigung oder Einschulung fraglich. Man gehe dann eher Verwandten oder guten Freunden zuliebe in die Kirche. „Einige kennen den Kirchgang offensichtlich vor allem aus sozialer Nötigung“, sagt Meyer-Blanck.

Dass die Frage eines regelmäßigen Sonntagsgottesdienstes oft eine Frage der Ressourcen ist, schildert Dankmar Pahlings. Er ist Pfarrer im Kirchenkreis Köthen der Landeskirche Anhalts. Er erzählt von seinem Alltag mit sechs Gemeinden, die er zu betreuen hat. Die kleinste habe 22 Mitglieder. Er kenne Gemeinden in der Umgebung, in denen niemand zur Christvesper komme. Pahlings setzt deshalb Kooperationspartner: Er ließ die örtliche Kinderfeuerwehr das Krippenspiel gestalten. „Es gibt bei uns gemeinsame Veranstaltungen, die nicht mehr alle Gottesdienst nennen“, sagt der Pfarrer. Aber es gibt sie.

Die Erosion der Kirche in der Gesellschaft ist nicht überall so extrem. Dennoch überlegt Helmut Wöllenstein, Propst des Sprengels Marburg in der Kirche von Kurhessen-Waldeck, ob man den Gottesdienst erst ab einer Mindestzahl von zehn Besuchern stattfinden lassen sollte. Zumindest gebe es in seiner Kirche das bislang ungeschriebene Gesetz, dass ein Pfarrer oder eine Pfarrerin maximal zwei Gottesdienste pro Sonntag anbieten solle. „Um dem Burn-out vorzubeugen“, sagt er.

Auch schon mal zu ungewöhnlichen Methoden greifen

Wer vom Sonntag abrücken wolle, würde jedoch aus der Kirchengeschichte aussteigen und in der Ökumene Befremden hervorrufen, ist Wöllenstein überzeugt. Die Katholiken hätten immer noch ihre Sonntagspflicht. Nicht zuletzt würde die Kirche gegenüber dem Staat die Plausibilität des Feiertagsschutzes zur Disposition stellen, wenn sie den Sonntag nicht mehr als heiligen Tag begeht.

An der Verbindung von Gottesdienst und den Lebensbedürfnissen nicht religiös sozialisierter Menschen werde sich für die Zukunft der Kirche eine Menge entscheiden, gibt Emilia Handke, Leiterin der Arbeitsstelle „Kirche im Dialog“ der Nordkirche, zu bedenken. „Menschen werden uns dort wertschätzen, wo wir ihnen das Leben erleichtern.“

Dafür dürfe man schon mal zu ungewöhnlichen Methoden greifen. So habe ein junger Pastor in Hamburg das Predigtthema seines nächsten Gottesdienstes beim Online-Auktionshaus „ebay“ versteigert. Immerhin 205 Euro kamen so für die Kollekte zusammen. Der Themenwunsch des Meistbietenden: „Kommt man auch mit einer vier minus ins Reich Gottes?“

Lothar Veit

Der Bericht des EPD wurde unter anderem beim Multimediasender Domradio.de, im Sonntagsblatt und auf evangelisch.de veröffentlicht:

Abschaffung des Sonntagsgottesdienstes?

Warum die EKD-Studie zum Kirchgang für Diskussionen sorgt

Sorgen um den Sonntag

 

 

Medien

 

Am 10. Juli 2019 erschien ein Bericht des Evangelischen Pressedienstes, der bereits auf die Auswertungstagung hinwies:

Studie: Sonntagsgottesdienst immer weniger attraktiv

Hannover/Loccum (epd). Der übliche Gottesdienst am Sonntagmorgen ist zunehmend nur noch für Ältere und ehrenamtlich Engagierte attraktiv. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Liturgischen Konferenz in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). „Angesichts schwindender personeller und finanzieller Ressourcen, vor allem aber mit Blick auf die geringe Reichweite sollte vielerorts engagierter und ergebnisoffener über seinen Fortbestand diskutiert werden“, schreiben die Autoren über den Sonntagsgottesdienst.

Am Dienstag wurde eine erste Auswertung der Studienergebnisse in Hannover veröffentlicht. Die Ergebnisse sollen am 13./14. September bei einer Tagung an der Evangelischen Akademie Loccum bei Nienburg diskutiert werden.

Laut der Studie ist nach wie vor der Weihnachtsgottesdienst einer der wichtigsten Gottesdienste im Kirchenjahr, gerade für Menschen, die selten oder sonst gar nicht in die Kirche gehen. Auch die sogenannten Kasualien wie Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen gehören zu jenen kirchlichen Angeboten, die viele Menschen ansprechen. Neue Kasualien wie etwa Gottesdienste zur Einschulung und andere Gottesdienste, die Lebensereignisse begleiten, sprechen deutlich mehr Menschen an als der klassische Sonntagsgottesdienst. Letzterer bleibe aber für das Image des Gottesdienstes prägend, schreiben die Autoren der Studie.

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass weniger das Geschlecht und der Bildungsstand einen Einfluss darauf haben, ob und wie oft jemand in den Gottesdienst geht. Vielmehr seien das Alter und die Kirchenbindung entscheidend. Der Grad der eigenen Religiosität und die Gottesdienstgestalt seien ausschlaggebende Motive, die für oder auch gegen einen Kirchgang sprechen. Daraus folge, dass es um mehr gehe als um eine „ansprechende Verpackung religiöser Inhalte oder das Schaffen günstiger Gelegenheiten“, schreiben die Autoren. Es gehe um religiöse Bildung. Wer als Kind häufig Gottesdienste besucht hat, der tue dies auch als Erwachsener.

Für die Studie wurden die Daten von etwa 10.400 Menschen ausgewertet, die zwischen März und Juli 2018 an einer Befragung teilgenommen hatten. Insgesamt beteiligten sich mehr als 12.000 Personen – laut Studien-Verfassern eine „erstaunlich“ hohe Zahl. 90 Prozent der Befragten gaben an, evangelisch zu sein. Knapp 80 Prozent sagten, sie fühlten sich der Kirche verbunden.

Am 18. Juli 2019 veröffentlichte evangelisch.de ein Interview über die Kirchgangsstudie mit Tagungsleiterin PD. Dr. Julia Koll.

Downloads

Programm

Freitag, 13.09.2019
13:30 Uhr
Anreise und Stehkaffee

14:00 Uhr
Kirchgangsstudie 2018: Ergebnisse im Überblick

PD Dr. Julia Koll, Ev. Akademie Loccum
Dr. Jochen Kaiser, Reformierte Kirche Zürich

15:45 Uhr
Arbeitsgruppen zu einzelnen Aspekten der Studie moderiert von Mitgliedern des LK-Ausschusses „Faktoren des Kirchgangs“

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(1) Jugendliche und Gottesdienst

Carsten Haeske, Leiter des Fachbereichs Gottesdienst und Kirchenmusik am Institut für Aus-, Fort- und Weiterbildung der Ev. Kirche von Westfalen, Schwerte
Christian Windhorst, Kreiskantor im Kirchenkreis Ronnenberg, Gehrden

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(2) Religiöse Motive des Kirchgangs

PD Dr. Folkert Fendler, Rektor des Pastoralkollegs Niedersachsen, Loccum

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(3) Verschiedene Informationswege und Gottesdienstorte

Dr. Gerald Hagmann, Superintendent im Kirchenkreis Bochum

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(4) Biographische Schwankungen im Teilnahmeverhalten

OKR Dr. Martin Teubner, Referent für Gottesdienst und Amtshandlungen, Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens, Dresden

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(5) Was Menschen in Gottesdiensten erleb(t)en - als Kind und heute

Dr. Jochen Kaiser, Referent für Musik und Gemeindeentwicklung, Reformierte Kirche Kanton Zürich

17:15 Uhr
Dasselbe Angebot, mit Gruppenwechsel

19:30 Uhr
Die Kirchgangsstudie im Horizont der empirischen Gottesdienstforschung: Kritisch-konstruktive Anmerkungen aus soziologischer Sicht

PD Dr. Hilke Rebenstorf, Wiss. Referentin am Sozialwissenschaftlichen Institut der EKD, Hannover

21:00 Uhr
Begegnungen auf der Galerie

Samstag, 14.09.2019
09:30 Uhr
Welches Gottesdienstverständnis kommt in den Antworten zum Vorschein – und wie verhält sich das zu unseren Traditionen?

Prof. Dr. Michael Meyer-Blanck, Vorsitzender der Liturgischen Konferenz, Lehrstuhl für Religionspädagogik, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

11:30 Uhr
Brainstormen in funktionsspezifischen Kleingruppen: Was folgt daraus?

13:30 Uhr
Welche Faktoren des Kirchgangs lassen sich wie beeinflussen? Welche Konsequenzen legt die Studie nahe? Vier Statements:

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Gemeindepfarramt:

Dankmar Pahlings, Ev. Kirchengemeinde Osternienburg, Kirchenkreis Köthen, Ev. Landeskirche Anhalts

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Kirchenmusik:

Daniela Brinkmann, Kreiskantorin im Kirchenkreis Grafschaft Schaumburg, Rinteln

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Kirchenleitung:

Helmut Wöllenstein, Propst des Sprengels Marburg, Ev. Kirche von Kurhessen-Waldeck

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Gottesdienstentwicklung:

OKR Dr. Matthias Kreplin, Leiter des Referats für Verkündigung, Gemeinde und Gesellschaft, Ev. Kirche in Baden, Karlsruhe

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Abschlussdiskussion im Plenum

15:00 Uhr
Ende der Tagung mit Tee, Kaffee und Kuchen

15:20 Uhr
Abfahrt des Zubringerbusses