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Akademie trauert um Hans May

Der ehemalige Direktor der Akademie verstarb am 13. August 2019

Die Evangelische Akademie Loccum trauert um ihren ehemaligen Direktor und leidenschaftlichen Weggefährten Hans May.  Am 13. August 2019 verstarb er im Alter von 88 Jahren. Von 1978 bis 1994 leitete er die Akademie mit intellektueller Weitsicht, konzeptioneller Stärke und großer Menschenfreundlichkeit. Mit seiner Arbeit setzte er Maßstäbe, denen wir uns heute noch verpflichtet fühlen. Internationale Politik, Ökologie, Politische Kultur, Mediation und Meditation bildeten die zentralen Felder seines Engagements.

So setzte er sich in der Ost-West-Politik vehement für Optionen der Entspannung ein und engagierte sich in einer Situation kurz vor dem Umbruch in Südafrika für eine Beilegung der Apartheitskonflikte. Sehr früh wurde auf sein Betreiben hin eine erste internationale Klimakonferenz in Loccum ausgerichtet, einige Jahre bevor die Reihe der UN-Klimakonferenzen startete. Schon Mitte der 80er Jahre forderte er eine grundlegende Transformation des bisherigen Fortschrittsverständnisses und eine neue Aufklärung, die die Unendlichkeitsannahmen der alten Fortschrittserwartung korrigiert.

Er unterstützte neue Wege der Problemlösung, wie sie im Mediationsverfahren um die Sondermülldeponie Münchehagen von der Akademie entwickelt wurden. Im Grunde war jede Tagung, die Hans May ausrichtete oder mit konzipierte, ein Mediationsereignis. Seine Handschrift prägte markante Kolloquienreihen zu Religion und gesellschaftlichem Wandel, zur Zukunft der Kirche, zu theologischen Aspekten der Wirtschaftsethik, zum Frieden als Aufgabe der Kirchen, zur kulturellen Identität und transkulturellen Ethik. Zehn Jahre vor der EXPO 2000 in Hannover dachte er über eine Weltausstellung neuen Typs nach und zog die Planenden in einer entsprechenden Tagung in den Bann.

Seine eigene Biographie war von den Erfahrungen mit den Abgründen der deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert geprägt. Nach Kriegsende fand er sich in einer Situation bestürzender Erschütterung, wie er sich in seiner jugendlichen Begeisterungsfähigkeit von einem menschenverachtenden System hatte verführen lassen. Geistige und geistliche Bewältigung dieses tiefen biographischen Bruches machten ihn zum vehementen Vertreter einer der Wahrheit und Aufklärung verpflichteten selbstkritischen Erinnerungskultur. Dass alle Weltentwürfe zugleich offen für Veränderung und demütig gegenüber der Dimension des Letzten zu denken sind, blieb ihm zeitlebens Verpflichtung. Er hielt die sensible Wahrnehmung und Einordnung von Kultur und großer kultureller Trends für entscheidend, um eine belastbare Antwort auf die Frage zu finden, wie in der Gesellschaft  die Gestaltung ihrer politischen Rahmenbedingungen in ihren verschiedenen Feldern gelingen kann.

Bestechend war sein wacher Blick, erfrischend seine Klarheit und sein Witz. Mit Leichtigkeit erreichte er Menschen, wenn er  mit seiner kraftvollen Stimme große gedankliche Linien und mutig erdachte eigene Ideen vortrug. Als liberaler Geist war er zugleich empfänglich für jede Art von Gegenrede, zumal wenn sie gut begründet vorgetragen wurde. Hans May zog entschieden eine kontroverse Arbeit an politisch tragfähigen Ideen und Zielen einem defätistischen Räsonnement vor. „Es gibt in der Demokratie keine Alternative zum Dialog. Kommt es zum Abbruch der Kommunikation, wird der Dialog verteufelt, so eskalieren die Auseinandersetzungen um die Gestaltung der Zukunft in die Gewalt.“ Dieses von ihm zum 40. Jubiläum der Akademie im Jahre 1986 formulierte Credo ist für das Selbstverständnis der Akademie damals wie heute aktuell. In die Auseinandersetzung um Positionen, Sichtweisen und Erkenntnisse ging Hans May immer mit großer Leidenschaft.

Er blieb auch nach seiner Pensionierung dem Ort Loccum und den Menschen verbunden. Das Kloster mit seiner zisterziensischen Spiritualität war ihm als Licht- und Klangraum Inspiration. Gemeinsam mit anderen gründete er die Musikinitiative „klingende Steine“ und war Teil des lebendigen kulturellen Lebens der Stadt.

So bleiben seine Freude am menschlichen Gegenüber und Miteinander, vor allem aber sein unzerstörbarer Sinn dafür, dass es immer etwas zu hoffen und also politisch konstruktiv zu gestalten gibt.

Hans May links neben Willy Brandt auf einer Tagung in Loccum Anfang der 80er Jahre

Hans May (ganz rechts) mit Johannes Rau bei einem Besuch des Bundespräsidenten in Loccum im Jahr 2000. Ganz links Akademiedirektor Fritz Anhelm, der Nachfolger von Hans May 1994.

Hans May (sechster von rechts) mit den Kollegen der Studienleitung im Jahre 1993

Hans May (Bildmitte) bei einer Jubiläumsfeier der Evangelischen Akademien Deutschlands anlässlich ihres 60. Bestehens. Ganz links der damalige Akademiedirektor Fritz Anhelm.

Hans May erreichte Menschen mit seiner erfrischenden Klarheit und seinem Witz.