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Geburtstag in Coronazeiten. Pfingsten 2020

Ein Beitrag von Studienleiter Christian Brouwer

… Heut ist Dein Geburtstag, heute feiern wir! – Alle Deine Freunde freuen sich mit Dir… Komische Veranstaltung, so ein Geburtstag in Zeiten der Corona-Pandemie. Alle Deine Freunde? Die große Party ist abgesagt, bestenfalls verschoben. Wer Kinder hat, der kennt die Reaktionen auf die Mitteilung, dass die Geburtstagsfeier in diesem Jahr… nun ja, ganz anders sein wird als in den letzten Jahren.

Was also tun? Auf das Wesentliche konzentrieren! Das ist eine oft beschworene Formel, heilsam soll das sein, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, den ganzen Ballast über Bord zu werfen. Auf die Geburtstagsfeier bezogen ist die diesjährige Befolgung dennoch aus der Not geboren und folgt weniger der inneren Überzeugung. Aber gut, wenn es denn so ist: was kann weg? Und was muss unbedingt bleiben? Ein Kuchen reicht in diesem Jahr. Welcher soll es sein? Einen Gast könnten wir ja einladen – auf wen willst Du auf keinen Fall verzichten? Was müssen wir machen, damit es trotz allem Dein Geburtstag wird? Und worauf können wir verzichten, auch wenn es schade ist? Viele Fragen dieser Art ließen sich anschließen (ob es nötig ist, gerade in diesem Jahr auch beim Thema Geschenke eine Konzentration auf das absolut Notwendige auszurufen, möchte ich nicht beantworten). Was für ein Fest das genau wird, weiß ich auch noch nicht. Aber ich ahne: es wird ein konzentriertes Fest, bei dem es um das geht, was wirklich zählt.

In diesen Tagen feiert die Christ*innenheit auf der ganzen Welt das Pfingstfest, eines der drei großen christlichen Feste. Wir kennen alle die angeblich lustigen Umfragen im Fernsehen oder Radio, bei denen arglosen Passant*innen ein Mikrofon unter die Nase gehalten wird, verbunden mit der Bitte, doch einmal in eben dieses Mikrofon zu erzählen, was eigentlich bei dem nun bevorstehenden Fest gefeiert wird. Schon im Blick auf das Weihnachtsfest sind die Antworten teilweise ernüchternd, an Ostern wird’s keineswegs besser, und zu Pfingsten kommt nicht mehr viel. Dabei ist das doch der Geburtstag der Kirche! Hier kann man nachhören, warum das so ist.

Pfingsten 2020 ist also der Geburtstag der Kirche in Coronazeiten, und auch für diese Geburtstagsfeier gilt, dass sie… nun ja, ganz anders wird als in all den anderen Jahren. Aber was heißt das schon. Ich habe einmal durch die Pfingstgottesdienste der letzten Jahre, die ich selber verantwortet habe, geblättert. Darin habe ich zwar immer wieder davon gesprochen, dass ‚heute‘ der Geburtstag der Kirche gefeiert wird. Dass jedoch der Gottesdienst dabei jemals wirklich ein ‚Geburtstagsgottesdienst‘ geworden wäre, bezweifle ich selbstkritisch. Aber dieses Jahr! Da könnten wir ja, aus der Corona-Not geboren, doch einmal einen echten Geburtstag zu Corona-Zeiten feiern. Was das heißt, wissen wir jetzt: aufs Wesentliche konzentrieren. Die Fragen stellen, die uns zum Kern des Kirche-Seins führen. Weil gerade so viel nicht geht, drängen diese Fragen sich auch tatsächlich auf. „Aufgabenkritik“ heißt das vermutlich in einer technokratischen Sprache. Also:

Worauf können wir verzichten, auch wenn es schade ist? Ich halte diese Frage für eine der mutigsten Fragen, die im Leben einer Kirchengemeinde und auch der Kirche insgesamt oft verschoben wird. Aber nun steht sie ja einmal im Raum, etwas anders formuliert heißt sie: was von dem, was gerade fehlt, fehlt eigentlich wirklich? Und weil wir gerade erleben, was wie fehlt, muss die Antwort nicht wie zu allen anderen Zeiten eine spekulative sein, sondern ist erfahrungsgesättigt. Vielleicht sind manche Antworten überraschend. Vielleicht sind sie auch schmerzhaft, wenn es wirklich ans Vertraute und lange Gewohnte geht. Aber dennoch wartet dahinter eine heilsame Konzentration aufs Wesentliche. Also: was fehlt wirklich? Die Pfarrkonferenz? Der Senior*innenkreis? Der Sonntagsgottesdienst? Die monatliche Kirchenvorstandssitzung? Die monatliche Abendmahlsfeier? Die Ausschusssitzungen zum Kirchenkreistag? Es gibt unendlich viele dieser Fragen, und keine Antwort liegt fest. Aber gestellt werden sollten die Fragen jetzt. Denn dann haben wir vielleicht eine Chance, auch die zweite, positive Frage, prägnanter zu beantworten:

Was ist das Wesentliche? Die Konzentration darauf dürfte wirklich heilsam sein. Was darf auf keinen Fall fehlen, und welche Form sollte das haben? Weil ja gerade so viel ausprobiert wird, müssen diese Fragen auch nicht im kirchlich so vertrauten „Das haben wir schon immer so gemacht…“ verlaufen, sondern können sich, wiederum erfahrungsbasiert, auch dem Experiment, dem Wagnis und dem Neuen zuwenden. Kuchen gehört zum Geburtstag auf jeden Fall dazu. Aber welcher soll es denn sein?

In unserem Corona Blog schildern Studienleiter*innen der Akademie und der Akademie als Referent*innen verbundene Persönlichkeiten ihre Wahrnehmungen zur Coronakrise. Aus den verschiedenen interdisziplinären Arbeitsbereichen entsteht damit eine multiperspektivische Sicht, die in der Krise Orientierung bieten kann. Gleichzeitig wird deutlich, wie die Akademie ihre Arbeit auf diese Ausnahmesituation anpasst.

Dr. Christian Brouwer ist Studienleiter für Theologie und Ethik