In diesem Jahr hätte die Evangelische Akademie Loccum eigentlich ihr 75-jähriges Jubiläum gehabt. Coronabedingt konnte es 2021 leider nicht gefeiert werden. Auch die Planungen für eine Verschiebung auf 2022 blieben zu unsicher. Das Jubiläum wird nun im Jahre 2023 gefeiert. Der Evangelische Pressedienst hat hierzu folgenden Bericht und ein Interview mit Akademiedirektorin Verena Grüter veröffentlicht:
Loccum, Kr. Nienburg (epd). Die Evangelische Akademie Loccum verschiebt ihr 75. Jubiläum und will stattdessen in zwei Jahren ihr 77-jähriges Bestehen feiern. Wegen der Corona-Pandemie sei im laufenden Jahr eine Feier zum 75-jährigen Bestehen nicht möglich gewesen, sagte die neue Akademiedirektorin Verena Grüter am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd). Ein solches Fest erfordere eine langfristige Planung, dafür sei die gegenwärtige Zeit zu unsicher. Als neues Datum haben Grüter und ihr Team den 16./17. Juni 2023 festgelegt.
Die Akademie wurde 1946 von der hannoverschen Landeskirche gegründet, damals noch am Standort Hermannsburg bei Celle. Sechs Jahre später zog sie nach Loccum bei Nienburg in die unmittelbare Nachbarschaft des dortigen Klosters. Die traditionsreiche Einrichtung gehört zu den ältesten und renommiertesten unter den 17 evangelischen Akademien in Deutschland. Sie veranstaltet jährlich etwa 80 Tagungen zu Themen aus Politik, Religion, Kultur und Gesellschaft.
Zur Feier im Juni 2023 rechnet Grüter mit mehreren Hundert Gästen: „Es soll ein festlicher Anlass sein für Menschen, denen die Akademie wichtig ist.“ Dazu will die Einrichtung führende Repräsentanten aus Gesellschaft und Kirche in Niedersachsen und auf Bundesebene einladen. Geplant sind unter anderem ein Festakt, ein Gottesdienst, ein Konzert und eine Kunstausstellung. „Wir möchten Persönlichkeiten mit internationalem Renommee einladen, die zu gesellschaftspolitischen Themen sprechen, die uns hier stark beschäftigen.“
Bei dem Fest will die Akademie auch die Stiftskirche des benachbarten Klosters Loccum mit einbeziehen. „Es ist uns wichtig, dass der Campus Loccum immer wieder als Ganzes sichtbar wird“, unterstrich Grüter. Herausragende Ereignisse aus der Geschichte der Einrichtung sollen vor dem Festwochenende in einer Art Countdown jeden Monat im Internet präsentiert werden. Die erste Tagung der Akademie wurde am 25. September 1946 vom damaligen Landesbischof August Marahrens (1875-1950) in einem Heidegasthof in Hermannsburg eröffnet.
„Hier kann man frei und ungeschützt sprechen“
Drei Fragen an die Loccumer Akademiedirektorin Verena Grüter
Loccum, Kr. Nienburg (epd). Ob Klimaschutz, Rassismus oder Europapolitik: Seit einem dreiviertel Jahrhundert ist die Evangelische Akademie Loccum ein Ort lebhafter Debatten. In dem Dorf zwischen Weser und Steinhuder Meer kommen Fachleute, Politiker und Aktivisten zu jährlich rund 80 Tagungen zusammen, um sich kritisch und kontrovers über brisante Themen auszutauschen. In diesem Jahr wollte die Akademie eigentlich ihr 75-jähriges Bestehen feiern, doch Corona machte ihr einen Strich durch die Rechnung. Das Fest soll nun 2023 nachgeholt werden, wenn die Einrichtung 77 Jahre besteht. Im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) zieht Direktorin Verena Grüter dennoch schon einmal Bilanz.
epd: Frau Grüter, die Akademie besteht jetzt 75 Jahre. In Ihren Augen eine Erfolgsgeschichte?
Grüter: Ich finde ja. Weil hier sehr viele Themen angeschoben worden sind. Gerade in den heißen 1980er Jahren, wo es um die Friedensbewegung und den Nato-Doppelbeschluss ging, war hier ein Ort, an dem politische Gruppen, die sonst nicht zueinander kamen, miteinander gesprochen und verhandelt haben. Die Akademie ist ja ein dritter Ort und kein Parlament, wo Beschlüsse gefasst werden. Bei unseren Tagungen ist es möglich, frei und ungeschützt zu sprechen. Das gilt auch für gesellschaftliche Bewegungen – gerade jetzt, wo es um den Klimawandel geht.
epd: Was leistet die Evangelische Akademie Loccum für die Kirche, für das Land und die Gesellschaft?
Grüter: Wir bieten Raum, um aktuelle gesellschaftliche und kirchliche Themen kontrovers zu diskutieren und langfristig zu begleiten. Dabei ist uns wichtig, immer eine Nasenlänge vor dem Höhepunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit zu sein. Wir haben aktuell etwa langfristige Gespräche mit Menschen aus der syrischen Migrationscommunity, die hier gemeinsam überlegen, wie sie von ihren europäischen Aufnahmeländern aus Friedensprozesse in Syrien begleiten können.
epd: Loccum liegt sehr abgeschieden in ländlicher Umgebung. Ist das ein Nachteil?
Grüter: Nein. Diese Zurückgezogenheit trägt dazu bei, dass die Menschen sich wirklich Zeit nehmen, wenn sie hierher kommen. Sehr wichtig sind die Gespräche um das eigentliche Tagungsprogramm herum, abends auf der Galerie. Die tragen dazu bei dass überhaupt Vertrauen entstehen kann. Bei so heiklen Themen wie etwa der Friedensarbeit in Syrien kommen Menschen zusammen, die sich vorher vielleicht noch nie gesehen haben und die nicht unbedingt dieselbe Meinung vertreten. Da ist es ganz wichtig, ein gastliches Haus zu haben.