Das Akademieprogramm für das erste Halbjahr 2024 wird in diesen Tagen verschickt. Darin bietet die Akademie über 30 Veranstaltungen aus sieben gesellschaftspolitischen Themenfeldern an. Andrea Grimm, kommissarische Leiterin der Akademie, hat das Programm mit folgendem Text kommentiert. Das Programm als PDF finden Sie hier.
Liebe Freundinnen und Freunde
der Evangelischen Akademie Loccum,
eine Kuckucksuhr aus dem Schwarzwald, wie kitschig-hübsch und beheimatend sie doch wirkt. Doch die Uhr auf unserem Programm-Deckblatt hat ihre Zeitenwende schon hinter sich. Der Künstler Marco Wagner hat sie eigens für die Akademie einer dämonischen Transformation unterzogen. Waffenstarrend blickt sie von der Wand und man fragt sich, was wohl um 12:00 Uhr aus der Kuckucksklappe hervorspringen wird. Was meinen Sie?
Es war Bundeskanzler Olaf Scholz, der den Begriff der Zeitenwende in seiner Regierungserklärung zum Krieg in der Ukraine in den aktuellen politischen Diskurs einführte. Es ging ihm darum, den Angriffskrieg Russlands als einen außerordentlichen Tabubruch, als einen Paradigmenwechsel deutlich zu kennzeichnen. Die Rede hielt er am 27. Februar 2022.
Zunächst wurde die Zeitenwende wohl vor allem als Epochenbruch in der Außen- und Sicherheitspolitik verstanden. Sie erfasste die Bundeswehr, dann die öffentlichen Finanzen und die Wirtschaftspolitik. Heute wird in Umrissen erkennbar, dass kaum ein gesellschaftlicher Zusammenhang oder Lebensbereich vom Epochenumbruch verschont bleibt. Auch dann, wenn der Ukraine-Krieg nur indirekt oder überhaupt nicht als Ursache erkennbar wäre.
Ob in der Energiewende, beim Klimaschutz, in der Bildung, in der Asyl- und Flüchtlingspolitik oder mit Blick auf die Legitimationsverluste der westlichen Demokratien. Ein Kipppunkt scheint in diesen Monaten erreicht zu sein, der andere Ordnungen oder womöglich Unordnungen entstehen lässt. Der Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 verschärft noch diese epochalen atmosphärischen Spannungen.
Unsere Akademie spürt im ersten Halbjahr 2024 den Kipppunkten, Transformationen, Epochenwechseln und Zeitenwenden im Diskurs nach und sucht mit Ihnen nach Lösungen in aufgeregten Zeiten. Ein paar Kostproben: Eine Tagung im Februar fragt vor dem Hintergrund des Antisemitismus auf unseren Straßen, wie die Justiz ihn besser bekämpfen könnte. Die Prioritäten und die Konflikte der angespannten Öffentlichen Finanzen werden auf den traditionellen Loccumer Finanztagen ebenfalls im Februar in den Blick genommen.
Kann es angesichts der aktuellen Kriege und Konflikte eine europäische Verteidigungspolitik geben, die diesen Namen verdient? Eine Tagung im April sucht nach Antworten auf diese zentrale sicherheitspolitische Frage. Auch im April: Die Bildungskrise entpuppt sich mittlerweile als echte Bildungsnot. Wie lässt sich damit umgehen?
Im Mai steht eine Tagung zum Klimaschutz an, die sich dem Thema von einer lange vernachlässigten Seite nähert: der Boden-Gesundheit. Eine Tagung im Juni schließlich greift die aktuelle Flüchtlingspolitik unter der Perspektive eines Paradigmenwechsels auf.
Seien Sie herzlich zur Teilnahme an diesen und insgesamt über 30 Tagungen im ersten Halbjahr 2024 eingeladen.
Ihre Andrea Grimm, kommissarische Akademieleitung