Zweite Tagung zur Umsetzung des Landespsychiatrieplans Niedersachsen
09.04.2018 - 11.04.2018
Der Landespsychiatrieplan Niedersachen benennt die Minderung von Zwang als prioritäres Entwicklungsfeld. Auch bundesweite Gesetze und Richtlinien geben Anlass, jetzt über die Reduktion von Zwangsmaßnahmen zu sprechen. Auf dieser Tagung sollen zunächst die Anwendung von Zwangsmaßnahmen kritisch überprüft und gute Handlungspraktiken sowie innovative Ansätze zur Minderung gesammelt werden. Zudem sollen Rahmenbedingungen formuliert werden, um diese in Niedersachsen breitflächig anwenden zu können.
In Kooperation mit dem Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung und dem Landesfachbeirat Psychiatrie Niedersachsen fand vom 9. bis 11. April eine Tagung unter dem Titel „Zwangsmaßnahmen in der Psychiatrie mindern“ statt. Etwa 130 Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen ins Gespräch, um einen Handlungskatalog praxistauglicher zwangsmindernder Behandlungen in der Psychiatrie zusammenzutragen. Über die Tagung berichtete der Evangelischen Pressedienst mit einer Meldung:
Niedersachsen will Zwangsmaßnahmen reduzieren
Loccum/Kr. Nienburg (epd). Das Land Niedersachsen will Zwangsmaßnahmen in der Psychiatrie soweit wie möglich reduzieren. „Es ist eine Gratwanderung“, sagte Sozialministerin Carola Reimann (SPD) am Dienstag bei einer Fachtagung in der Evangelischen Akademie Loccum. Denn manchmal müssten psychisch kranke Menschen vor sich selbst geschützt werden.
Auch in diesen Fällen gelte es jedoch, die Würde und die Selbstbestimmung der Patientinnen und Patienten zu achten und Zwangsmaßnahmen auf das absolut notwendige Maß zu beschränken, fügte Reimann hinzu. Sie erarbeite deshalb derzeit gemeinsam mit Betroffenen, Angehörigen und weiteren Experten Maßnahmen zur Vermeidung von Zwang. Zwangsmaßnahmen sind etwa Isolation, zwangsweise Ernährung oder mechanische oder medikamentöse Ruhigstellung von Psychiatriepatienten.
Der Vorsitzende des Landesfachbeirats Psychiatrie Niedersachsen, Wolfram Beins, begrüßte das Vorhaben. Er verwies zugleich auf entsprechende Empfehlungen im Landespsychiatrieplan Niedersachsen. „Die Psychiatrie in Niedersachsen hat die Aufgabe, stets nach Alternativen zu Zwangsmaßnahmen zu suchen“, sagte Beins.
Dabei reiche es nicht aus, in den stationären Einrichtungen etwas zu verändern, betonten Fachleute bei der Tagung. Auch das ambulante Angebot vor Ort müsse erweitert werden. Neben verbesserten Krisenhilfen in den Kommunen – insbesondere nachts und an Wochenenden – wurden auch Rückzugsräume und „Weglaufhäuser“ genannt. Solche Orte könnten Menschen Zuflucht bieten, die eine Alternative zur gängigen psychiatrischen Behandlung suchten.
Wichtig sei zudem eine stärkere Vernetzung der Hilfsangebote, etwa durch den Aufbau von Gemeindepsychiatrischen Zentren, hieß es weiter. Multiprofessionelle Behandlungsteams, die psychisch kranke Menschen zu Hause aufsuchten, seien in der Lage, schnell und flexibel auf mögliche Krisen reagieren. Zwangseinweisungen könnten so eher vermieden werden.
Das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung veröffentlichte während der Tagung diese Presse-Information: