Drei Online-Gespräche zur europapolitischen Verantwortung der Kirche(n)
11.12.2020 - 13.12.2020
„Wir schicken ein Schiff!“ – Klimapolitik – Aktuelle finanzpolitische Fragen in der Corona-Krise: An vielen Stellen berührt die Kirche in der Wahrnehmung ihrer öffentlichen Verantwortung europapolitische Fragen. Dieses Handeln bedarf einer grundlegenden Klärung der Position der EKD zu Europa insgesamt und zum Verhältnis zu den europäischen Nachbarstaaten. Erste Schritte zu seiner solchen Klärung sind zu unternehmen im internationalen Gespräch mit Politikerinnen und Politikern sowie Kirchenvertreterinnen und Kirchenvertretern.
Die Online Veranstaltung findet über die Software Zoom unter strikter Einhaltung des Datenschutzes statt. Bitte finden Sie hier weitere Informationen dazu. Nach der Anmeldung erhalten Sie weitere Hinweise und einen Tag vor der Veranstaltung einen Zugangs-Link.
Der Evangelische Pressedienst (EPD) berichtete zur Tagung mit folgendem Artikel und einem Interview mit David McAllister:
David McAllister: Kirchen wichtige Mahner und Impulsgeber für Europa – (epd-Gespräch)
epd-Gespräch: Björn Schlüter
Loccum/Kr. Nienburg (epd). In politisch und gesellschaftlich schwierigen Zeiten können Kirchen nach Ansicht des Europaparlamentariers David McAllister (CDU) die Demokratie und die Staatengemeinschaft stärken. Mit ihrer Stimme geben sie Menschen Orientierung und Halt, sagte der frühere niedersächsische Ministerpräsident dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Rande der Tagung „Kirche und Europa“ der Evangelischen Akademie Loccum. „Die Kirche trägt dazu bei, vernunftorientierte Entscheidungen zu treffen und solidarisch zu handeln.“ Insofern bitte er die Kirchen auch weiterhin um wichtige Impulse für den gesellschaftlichen und politischen Diskurs.
„Unsere christlichen Wurzeln und der regelmäßige, offene und transparente Dialog zwischen den Religionsgemeinschaften und der Politik tragen maßgeblich dazu bei, dass wir heute in einem werteorientierten Europa leben“, sagte McAllister. „Darum müssen wir uns gemeinsam immer wieder aufs Neue bemühen.“ In europapolitische Debatten sollte sich die Kirche aus seiner Sicht aktiv einmischen. „Und das tut sie ja auch.“ So habe sich die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) unter anderem klar zur Corona-Pandemie, zum Kampf gegen den Terrorismus oder zum Vorschlag für ein neues Migrations- und Asylpaket positioniert.
Zusätzlich könne die Kirche Foren bilden für Diskussionen, wie Europa vor dem Hintergrund christlicher Grundüberzeugungen gestaltet und somit die Demokratie gestärkt werden könne, ergänzte McAllister. „Es ist notwendig, dass wir Christen uns aktiv, aber bitte ohne moralischen Dünkel, an der Diskussion politischer und ökonomischer Fragen beteiligen und uns um verantwortliche Lösungen bemühen.“ Ohnehin zählten die Leistungen der Kirche und ihrer Wohlfahrtsverbände im Bildungs-, Gesundheits- und Sozialwesen sowie im Ehrenamt und bei der nichtstaatlichen Entwicklungszusammenarbeit zu den Säulen der Gesellschaft.
Vor diesem Hintergrund lasse sich auch das Engagement der EKD im Zuge der Rettung von in Seenot geratenen Flüchtlingen im Mittelmeer betrachten. „Menschen in Seenot zu retten, ist ein humanitäres Gebot und nach internationalem Recht verpflichtend“, betonte McAllister. Allerdings seien auch die Staaten in der Pflicht, endlich Perspektiven zu liefern. „In der Asyl- und Migrationspolitik, einschließlich der Seenotrettung, ist dringend eine europäische Lösung geboten. Das oberste Ziel muss sein, Menschen davon abzuhalten, sich auf eine gefährliche und nicht selten tragischerweise tödliche Flucht zu begeben.“
Interview:
„Gemeinsam um Europa bemühen“ – David McAllister sieht Kirchen in der Staatengemeinschaft als Mahner und Impulsgeber gefordert
epd-Gespräch: Björn Schlüter (epd)
Loccum/Kr. Nienburg (epd). An vielen Stellen berühren die Kirchen in der Wahrnehmung ihrer öffentlichen Verantwortung Fragen von europapolitischem Rang. Dass ihre Stimme auch auf dieser Ebene wahrgenommen wird, davon ist der Europa-Politiker David McAllister (CDU) überzeugt. In politisch und gesellschaftlich schwierigen Zeiten könnten Kirchen Demokratie und das Projekt Europa stärken, indem sie Menschen Orientierung und Halt geben, sagte der frühere niedersächsische Ministerpräsident dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Rande der Tagung „Kirche und Europa“ der Evangelischen Akademie Loccum.
epd: Herr McAllister, auf dem europäischen Parkett ist die Stimme der Kirchen eine unter vielen. Was erwarten Sie von ihr?
David McAllister: Die christlichen Kirchen bitte ich um wichtige Impulse für den gesellschaftlichen und politischen Diskurs. Unsere christlichen Wurzeln und der regelmäßige, offene und transparente Dialog zwischen den Religionsgemeinschaften und der Politik tragen maßgeblich dazu bei, dass wir heute in einem werteorientierten Europa leben. Darum müssen wir uns gemeinsam immer wieder aufs Neue bemühen.
epd: Wo nehmen Sie in ihrem Leben und Arbeiten die Stimme der Kirche wahr?
David McAllister: Persönlich begegnet mir als evangelischer Christ die Stimme der Kirche regelmäßig im Gottesdienst. Im politischen Diskurs vernehme ich die Positionen der Kirche in allen aktuellen europapolitischen Debatten. Die Kirche trägt dazu bei, vernunftorientierte Entscheidungen zu treffen und solidarisch zu handeln.
epd: Sie trägt dazu bei? Das klingt sehr passiv.
David McAllister: In europapolitische Debatten sollte sich die Kirche aktiv einmischen und das tut sie ja auch. Positiv fand ich, dass kürzlich europäische Vertreter der Religionsgemeinschaften mit der Europäischen Kommission zu einem hochrangigen Treffen zusammengekommen sind. Dieser jährliche Dialog ist unter Artikel 17 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union institutionalisiert. Wichtige Anliegen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zum Umgang mit der Corona-Pandemie, zum Kampf gegen den Terrorismus oder zum Vorschlag für ein neues Migrations- und Asylpaket hat Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm vorgetragen.
epd: Was können die Kirchen neben Impulsen oder Vorschlägen noch für ein gelingendes Europa beitragen?
David McAllister: Die Kirchen können Foren bilden für Diskussionen, wie wir unser Europa vor dem Hintergrund christlicher Grundüberzeugungen gestalten und somit unsere Demokratie in Europa stärken. Es ist notwendig, dass wir Christen uns aktiv, aber bitte ohne moralischen Dünkel, an der Diskussion politischer und ökonomischer Fragen beteiligen und uns um verantwortliche Lösungen bemühen. In diesen politisch und gesellschaftlich verunsicherten Zeiten, gibt gerade die Kirche vielen Menschen Orientierung und Halt.
epd: Also heißt es für die Kirchen „einmischen und Stellung beziehen“?
David McAllister: Das ist richtig und wichtig. Besonders positiv bleiben mir in diesem Zusammenhang der gemeinsame Wahlaufruf des Ratsvorsitzenden der EKD, Heinrich Bedford-Strohm, und des damaligen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, sowie die Handreichungen der EKD zur Europawahl 2019 in Erinnerung.
epd: Nun sind Worte das eine, aber wie sieht es mit Taten aus?
David McAllister: Bürgerschaftliches Engagement und Zusammenhalt sind wichtige Säulen unsere Gesellschaft. Die herausragenden Leistungen der Kirche und ihrer Wohlfahrtsverbände im Bildungs-, Gesundheits- und Sozialwesen sowie im Ehrenamt und bei der nichtstaatlichen Entwicklungszusammenarbeit sind dabei hervorzuheben.
epd: Ist es aus Ihrer Sicht auch legitim, dass die EKD in Sachen Seenotrettung eigene Wege geht?
David McAllister: Menschen in Seenot zu retten, ist ein humanitäres Gebot und nach internationalem Recht verpflichtend. In der Asyl- und Migrationspolitik, einschließlich der Seenotrettung, ist dringend eine europäische Lösung geboten. Das oberste Ziel muss sein, Menschen davon abzuhalten, sich auf eine gefährliche und nicht selten tragischerweise tödliche Flucht zu begeben.
Dr. Franziska Brantner, MdB, Sprecherin für Europapolitik der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Berlin
David McAllister, MdEP, Vizepräsident der EVP, Straßburg
Dr. Irmgard Schwaetzer, Präses der Synode der EKD
Moderation: Prof. Dr. Reiner Anselm
Prof. Dr. Reiner Anselm, Lehrstuhl für Systematische Theologie / Ethik, LMU München
Sven Giegold, MdEP, Bündnis 90/Die Grünen, Straßburg
Katrin Hatzinger, OKR, Leiterin der Dienststelle des Bevollmächtigten des Rates der EKD, Brüssel
Prof. Dr. Christian Kastrop, Staatssekretär im Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz, Berlin
Lukas David Meyer, wiss. Mitarbeiter, Lehrstuhl für Systematische Theologie / Ethik, LMU München
Moderation: Dr. Christian Brouwer
Ricarda Rabe, Evangelischer Dienst auf dem Land in der EKD, Hannover
Dr. Jürgen Wilhelm, Referatsleiter Agrarpolitik / Internationale Zusammenarbeit, Nds. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Hannover
Heino von Meyer, Senior Policy Advisor, Ecologic Institute, Berlin
Moderation: Lukas David Meyer